Gemälde werden im wahrsten Sinn des Wortes unter die Lupe genommen, auch mit UV-Licht, das Retuschen offenbart.

Foto: Tefaf, L. Bodewes

Sie können unerbittlich sein, die Juroren, die vor der Eröffnung von Kunst- und Antiquitätenmessen ihr Werk verrichten. Will heißen: Bevor der erste potenzielle Käufer auftaucht, nehmen sie die von allen Ausstellern feilgebotene Ware unter die Lupe, trennen unwürdige oder problematische Spreu von einwandfreiem Weizen.

Die bei dieser Überprüfung zugrunde gelegten Anforderungen variieren allerdings in der Branche. Qualität ist ein variantenreich anwendbares Kriterium. Die Sicherung des Levels beginnt in der Regel schon bei der Auswahl der Teilnehmer. Darum ist man beispielsweise auch bei dem aktuell in der Hofburg gastierenden Traditionsformat Art & Antique (bis inkl. 18. 11.) bemüht.

Je etablierter und bekannter der Verkaufsevent, desto strenger sind die Auswahlkriterien. Die "Messewürdigkeit" der einzelnen Objekte wird dann nach dem Standaufbau und vor der Eröffnung der Messe geahndet. Überspitzt formuliert soll also weder Omas Kaffeehäferl noch ein Amateur-Aquarell im Stil von Egon Schiele das Angebot infiltrieren. Hauptsächlich geht es um Zuschreibungsfragen, manchmal um den Zustand des Objekts.

Je internationaler die Messe, desto strenger die Kriterien. Dann geht es darum, in welchem Ausmaß Objekte restauriert und – beispielsweise bei Mobiliar – überhaupt ergänzt werden dürfen. Oder es müssen die Anbieter sogar Gutachten international anerkannter Experten vorlegen, manchmal auch solche naturwissenschaftlicher Untersuchungen.

Zu den strengsten Jurys gehört jene der TEFAF (The European Fine Art Fair) in Maastricht: Sie ist stets die Erste vor Ort und hat ausnahmslos das letzte Wort. Aufgrund des charakteristisch breiten Sortiments quer durch alle Gattungen und Epochen ist sie mit fast 180 Experten auch das an Umfang und damit Wissen größte Gremium. Vom Veranstalter bekommen sie zwei Tage für ihre Arbeit zugestanden, an denen die Anwesenheit der Aussteller übrigens explizit unerwünscht ist.

Schnelle Beurteilung

Die dort beanstandeten Objekte wandern in ein versperrtes Depot. Für maximal drei verbannte Objekte können Betroffene schriftlich Einspruch erheben. Ob und unter welchen Voraussetzungen es vor Ablauf der Messe aus der "Giftkammer" geholt werden darf, prüft die Jury neuerlich. Sie ist zu 90 Prozent mit Museumsdirektoren und Fachkuratoren besetzt. Der Anteil an Experten mit Spezialwissen aus dem Handel war insofern überschaubar, nun ist er Geschichte. Vergangene Woche gab der Veranstalter bekannt, sich von all jenen Jurymitgliedern zu trennen, deren Meinung theoretisch mit wirtschaftlichen Interessen am Kunstmarkt kollidieren könnte. Eine überzogene Maßnahme? Nicht gut durchdacht, merkt Herbert Giese, der für Gemälde, Zeichnungen und Grafiken zuständige Juror der Art & Antique, diplomatisch an. "Bei allem Respekt für Museumsexperten", aber diese würden sich in erster Linie mit ihrem Bestand beschäftigen. Ihnen fehle "die alltägliche Praxis, die einer schnellen und treffsicheren Beurteilung bedarf". Welche Werke er heuer aus den Kojen der Aussteller verbannte? Nur wenige. Bewusste Schwindeleien würden sich die um ihren Ruf besorgten Kollegen ja sowieso nicht trauen. Über allfällige Malheurs wird diskret geschwiegen. (kron, 17.11.2018)