Sollte es am Sonntag bei der nächsten Verhandlungsrunde der Metaller zu keiner Einigung kommen, passiert etwas für österreichische Verhältnisse Ungewöhnliches: Es wird gestreikt. Während Arbeitsniederlegungen in zahlreichen anderen Ländern Europas und der OECD durchaus üblich sind, streiken Österreicher verhältnismäßig wenig.

Mit durchschnittlich zwei ausgefallenen Arbeitstagen je tausend Arbeitnehmer (im Jahresdurchschnitt für den Zeitraum 2008 bis 2016) gehört Österreich zum Schlusslicht im Streik-Ranking.

Besonders streitlustig zeigen sich hingegen Franzosen, wie aus einer 2017 von dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) veröffentlichen Studie hervorgeht. Zwischen 2007 und 2016 sind in Frankreich durchschnittlich 123 Arbeitstage je tausend Arbeitnehmer aufgrund von Streiks ausgefallen. Dänemark liegt innerhalb der analysierten Ländern auf Platz zwei, gefolgt von Kanada und Belgien.

Franzosen sind im Vergleich mit Arbeitnehmern aus anderen EU-Ländern besonders streikfreudig.
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Die Zahlen sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, geben die Studienautoren zu bedenken: Denn in traditionell streikfreudigen Ländern, wie Italien und Griechenland, stehen keine Daten zur Verfügung. Außerdem wird die Statistik in den einzelnen Ländern unterschiedlich erhoben: In Deutschland veröffentlicht die Bundesagentur für Arbeit beispielsweise nur Ausstände, bei denen mindestens zehn Arbeitnehmer beteiligt sind und die mindestens einen Tag dauern. In den Vereinigten Staaten werden hingegen nur Arbeitsniederlegungen bei Unternehmen mit mindestens tausend Arbeitnehmern, die zumindest eine Schicht dauern, statistisch berücksichtigt.

Streiks in Österreich

So streikfaul waren die Österreicher nicht immer: Während in den vergangenen Jahren hierzulande kaum gestreikt wurde, zeigte sich noch vor wenigen Jahrzehnten ein anderes Bild. Vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren wurde in der Republik regelmäßig die Arbeit niedergelegt, wie Zahlen des Österreichischen Gewerkschaftbundes (ÖGB) verdeutlichen.

Allerdings hat sich auch die Zahl der Arbeitnehmer in Österreich seit Beginn der Aufzeichnung drastisch verändert. Gab es im Jahr 1977 beispielsweise erst 2,7 Millionen unselbstständig Beschäftigte, so waren es 2017 bereits 3,6 Millionen.

Seit 1945 waren in Österreich durchschnittlich 40.120 Arbeitnehmer pro Jahr an Streiks beteiligt, sie legten in Summe 662.211 Stunden pro Jahr die Arbeit nieder. Für einen statistischen Ausreißer sorgte das Jahr 2003. Damals beteiligten sich rund 780.000 Arbeitnehmer an Kampfmaßnahmen, die unter anderem gegen die Pensions- und ÖBB-Reform gerichtet waren. Nicht nur die Anzahl der Beteiligten, sondern auch die Dauer von 10,4 Millionen Streikstunden sorgte für einen Rekordwert in der Zweiten Republik. Der bisher größte Metallerstreik mit 5,2 Millionen Streikstunden fand im Mai 1962 statt. Mehr als 200.000 Beschäftigte streikten für vier Tage. (Nora Laufer, Sebastian Kienzl, 18.11.2018)