Angela Merkel sieht im Streit über den Pakt einen Testfall, ob überhaupt noch multilaterale Vereinbarungen geschlossen werden können.

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Berlin – Die österreichische Regierung hat schon entschieden: Sie wird den UN-Pakt zur Organisation von Flucht und Migration ablehnen. Das kommt auch in Deutschland gut an – nicht nur bei der AfD, sondern auch in Teilen der CDU. An die Spitze der Kritiker hat sich Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gestellt.

Er will – wie Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und Exfraktionschef Friedrich Merz auch – am 7. Dezember auf dem CDU-Parteitag zum Nachfolger von Parteichefin Angela Merkel gewählt werden.

Zwar hat die Unionsfraktion im Bundestag die Annahme des Abkommens bereits abgesegnet. Doch Spahn reicht das nicht. Er will eine Diskussion beim Parteitag in Hamburg und sagt: "Alle Fragen der Bürger gehören auf den Tisch und beantwortet, sonst holt uns das politisch schnell ein. Notfalls unterzeichnen wir eben später."

Der von den UN-Mitgliedstaaten ausverhandelte Pakt soll helfen, Flucht und Migration besser zu organisieren – eine Unterschrift der Staaten, die ihn unterstützen, ist allerdings beim Gipfeltreffen am 11. und 12. Dezember in Marrakesch nicht vorgesehen.

Auch die CDU in Sachsen-Anhalt, in Leipzig und Stuttgart sind gegen eine Annahme. Doch die von Spahn ins Spiel gebrachte Verschiebung stößt auch auf Kritik. So erklärt Norbert Röttgen (CDU), Chef des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag: "Erstens müssen wir unsere innenpolitischen Prozesse so organisieren, dass wir außenpolitisch handeln können, und nicht umgekehrt. Zweitens ist dieser Pakt ein enorm wichtiger erster Schritt der internationalen Gemeinschaft, Migration zu steuern. Das ist unser nationales Interesse."

Kanzlerin sieht Testfall

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sieht im Streit über den Pakt einen Testfall, ob überhaupt noch multilaterale Vereinbarungen geschlossen werden können. "Entweder schaffen wir es, gemeinsame globale Lösungen zu erarbeiten, Schritt für Schritt, manchmal zu langsam – oder aber auch nicht." Die deutsche Regierung steht zu dem Pakt.

Kritik an den Kritikern äußert Justizministerin Katharina Barley (SPD): "Wenn Teile der CDU sich jetzt vom UN-Migrationspakt verabschieden wollen, distanzieren sie sich nicht nur von Kanzlerin und Bundesregierung – sie suchen die inhaltliche Nähe zu AfD, Trump, Orbán und Kurz." (Birgit Baumann aus Berlin, 20.11.2018)