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Nur dreimal hat dieses Semester das Wahlfach Homöopathie stattgefunden, dann wurde es ersatzlos aus dem Lehrplan gestrichen. Die Med-Uni Wien hat sich von "Scharlatanerie" distanziert.

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Für die einen sind Globuli bloß kleine Zuckerkügelchen, für andere ist Homöopathie eine Heilmethode. Bis vor kurzem wurde Homöopathie auch als Wahlfach an der Med-Uni Wien angeboten. In diesem Semester wurde die Lehrveranstaltung aus dem Vorlesungsverzeichnis gestrichen, berichtete die Jungmedizinerplattform nextdoc.at. Studierende hatten sich im Rektorat über die Vorlesung beschwert.

Rektor Markus Müller begründet den Schritt im STANDARD-Gespräch damit, dass sich "die Med-Uni von unwissenschaftlichen Verfahren und Scharlatanerie klar distanziert". Der Anbieter des Wahlfachs ist Michael Frass, seit 1994 Professor an der Med-Uni. Der Internist ist spezialisiert auf innere Intensivmedizin und leitet auch seit 2004 die homöopathische Ambulanz für maligne Erkrankungen, also für bösartige Tumorerkrankungen.

Fall für Ethikkommission

Bereits Anfang des Jahres habe Müller dem Arzt zu verstehen gegeben, dass dieser seine "persönlichen Interessen – also Homöopathie – nicht mit seiner Funktion als Wissenschafter der Med-Uni Wien vermischen darf". Als Frass in Medien den Standpunkt vertrat, dass Homöopathie bei Krebserkrankungen unterstützend wirke und er das mit Studien belegen könne, war Müller irritiert und verärgert. In einem Schreiben forderte er Frass auf, derartige Aussagen nicht mehr öffentlich zu tätigen, und informierte die Ethikkommission. Gemäß den Unterlagen der Kommission seien die Studien, die Frass in Medien zitierte, aufgrund ihrer Methodik und Fallzahl ungeeignet, um daraus einen wissenschaftlichen Beweis abzuleiten.

Müller untersagte ihm auch, die homöopathische Ambulanz als Einrichtung der Med-Uni auszuweisen, wenn er ihm auch nicht verbieten könne, die Methode anzubieten. Das sei im Ärztegesetz geregelt. Als Scharlatan wolle er ihn aber nicht bezeichnen: Frass sei ein anerkannter Kollege.

Dessen Ambulanz wird es weiterhin geben. "Es ist eine Informationsambulanz", erklärt Frass dem STANDARD das Konzept. Die Patienten werden dort über die Prinzipien der Homöopathie aufgeklärt. Er will auch weiterhin an der Klinik zu Homöopathie forschen. Dass er intern Kritik ausgesetzt sei, wundert ihn nicht: "In einer Klinik, die sich den wissenschaftlichen Grundsätzen verschrieben hat, ist es schwierig, mit Homöopathie durchzukommen. Die Methode ist schwer zu fassen."

Wirkung durch Verdünnen

Homöopathie geht auf Samuel Hahnemann zurück. Der Arzt, der zwischen 1755 und 1843 lebte, vertrat die Ansicht, dass "Ähnliches mit Ähnlichem" behandelt werden solle. In der Praxis wird ein Wirkstoff so lange verdünnt, bis er in den Globuli, den Kügelchen, die eingenommen werden, nicht mehr nachweisbar ist. Der Begründer glaubte, dass durch Potenzierung, also die Verdünnung, die Wirkung des Stoffes verstärkt wird. Die Methode gilt daher als Pseudowissenschaft.

Dass Homöopathie heute noch viel Zustimmung in der Bevölkerung erhält, erklärt sich Natalie Grams, Ärztin und ehemalige Homöopathin, damit, dass viele Menschen von der Schulmedizin enttäuscht seien und diese als "kalt und eilig" empfinden. Deshalb spricht sie sich für mehr Zuwendung und Empathie im Arzt-Patienten-Verhältnis aus.

Es sei ein wichtiger Schritt, dass das Wahlfach Homöopathie gestrichen wurde. Auch an deutschen Unis gebe es Lehrstühle für Komplementärmedizin, etwa an der Berliner Charité. Anders als in Österreich seien das Stiftungsprofessuren, was Grams scharf kritisiert. Ihr Fazit: "Es ist gezieltes Lobbying, um Studenten möglichst früh zu indoktrinieren." Frass würde wenigstens forschen, das könne man von den Stiftungsprofessoren nicht behaupten.

Für Frass ist mit der Absage das Thema erledigt, er geht nächstes Jahr in Pension. (Marie-Theres Egyed, 27.11.2018)