Es ist ein ziemliches Schlamassel, in das sich die Eisenbahnergewerkschaft im Tarifstreit hineinmanövriert hat. Ohne Not, muss man hinzufügen. Denn die Verhandlungen über einen neuen Kollektivvertrag für das fahrende Personal von Österreichs Schienenbahnen mögen über weite Strecken unergiebig gewesen sein, so bewegungslos waren die Tarifpartner aber nicht. Dazu hat die Streikdrohung der Gewerkschaft maßgeblich beigetragen.

Ob die Standesvertretung von 40.000 Eisenbahnern mit ihrer Kampfansage ihr Ziel noch erreicht, muss bezweifelt werden. Denn die sonst so behäbige Bundesbahn trat die Flucht nach vorn an und rief ihrerseits einen Streik aus. Das Bahnnetz wurde für zwei Stunden offline genommen. Alle Räder standen still – quasi von Amts wegen.

Diesen drastischen Schritt hat die Gewerkschaft offenbar nicht ins Kalkül gezogen. Das war ein Fehler. Denn es gab plötzlich nichts mehr, das bestreikt werden konnte – Züge standen ja schon still. Die Belegschaftsvertreter waren ihres Faustpfandes beraubt. Nun stehen sie im Schmollwinkerl und suchen einen Weg runter vom Abstellgleis.

Verhandlungsgeschick

Von zwei möglichen Auswegen ist nur einer eine ernstzunehmende Option: Entweder sie akzeptieren die Montagfrüh noch schnöde abgelehnte gestaffelte Erhöhung der Gehälter für rund 40.000 Bedienstete in ÖBB, Landes- und Lokalbahnen. Mit etwas Verhandlungsgeschick könnten es sogar noch mehr werden als das Letztangebot von 3,37 Prozent. Oder sie gehen aufs Ganze und drücken in ÖGB und anderen Teilgewerkschaften Solidaritätsaktionen durch – bis hin zu einem Generalstreik, wie es ihn in der Zweiten Republik zuletzt in den 1950er-Jahren gegeben hat. Selbstredend, dass Letzteres eine Illusion ist.

Im Gegensatz zu den Metallern werden die ÖBB-Gewerkschafter aus diesem Arbeitskampf nicht unbeschädigt herauskommen. Denn der Ausstand ist auch taktisch neben der Spur. Sollte er sich gegen das Arbeitszeitgesetz richten, hätte im Juni/Juli gestreikt werden müssen, spätestens aber im Oktober, als die Arbeitgeber begannen, Löhne freiwillig um drei Prozent anzuheben.

Jetzt, nach dem Metallerabschluss, für einen noch höheren Abschluss zu streiken ist das falsche Signal. Die Regierung schweißt all das zusammen. Denn nichts kann Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) weniger gebrauchen als einen hämischen Koalitionspartner, der ungestraft feixen kann, dass die Blauen die rote ÖBB nicht im Griff haben. (Luise Ungerboeck, 26.11.2018)