Rapid-Präsident Michael Krammer zieht sich zurück.

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Wien – Der Montagabend war für Rapid nicht ganz so deprimierend wie der Sonntagnachmittag. Die Hauptversammlung stand an. Das Allianz-Stadion ist für die Hütteldorfer kein Platz für fußballerische Sternstunden, Unterschiede zwischen den beiden Terminen gab es trotzdem. Das 0:1 gegen den LASK fand bei Schneeregen im Freien statt, die Hauptversammlung im geheizten, überdachten und wasserdichten VIP-Bereich. Sie hat weit länger als 90 Minuten gedauert, rund 1200 stimmberechtigte Mitglieder sind erschienen.

Rapid-Präsident Michael Krammer zieht einen Schlussstrich: Kommendes Jahr tritt er aus privaten Gründen zurück.
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Die sportliche Krise wurde natürlich thematisiert, sie überstrahlte die durchaus positiven Wirtschaftszahlen. In der Saison 2017/18 wurde ein Gewinn von 2,37 Millionen Euro erzielt. Das Trainingszentrum im Prater ist auf Schiene, 2019 erfolgt der Spatenstich, es ist ein schrittweiser Ausbau, die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 25 Millionen, 2021 soll es fertig sein. Es wird bis dahin über die Gründung einer Frauenmannschaft nachgedacht. Bereits im November 2019 wird das Präsidium neu gewählt. Boss Michael Krammer, seit 2013 im Amt, steht aus persönlichen Gründen nicht mehr für eine dritte Periode zur Verfügung. Er teilte das der Hauptversammlung mit: "Die Krebserkrankung meiner Frau war für uns ein Schuss vor dem Bug. Rapid ist meine zweite Familie, aber es gibt eben eine erste."

Die Zukunft von Sportgeschäftsführer Fredy Bickel ist offen. Der Schweizer wartet die nächsten Ergebnisse ab. "Ich stehe in Verantwortung." Sein Vertrag endet im Sommer, Krammer hält große Stücke auf Bickel. Mögliches Szenario: Verlängerung mit beidseitiger Ausstiegsklausel.

Kein Effekt

Trainer Dietmar Kühbauer sitzt hingegen fest im Sattel, obwohl er von sich nicht behaupten kann, für den berühmten Effekt gesorgt zu haben: zehn Pflichtspiele, fünf Niederlagen, drei Siege, zwei Remis, Platz acht in der Tabelle nach 15 von 22 Runden. Das obere Playoff der besten sechs ist weit, weit weg, der Rückstand auf Hartberg, momentan der letzte Qualifizierte, beträgt fünf Zähler. Das Programm bis zu Winterpause ist kein Honiglecken: auswärts Innsbruck, daheim Sturm, Derby bei der Austria. Und zwei Europa-League-Partien sind auch noch zu überstehen, am Donnerstag in Moskau bei Spartak, am 13. Dezember kommen die Glasgow Rangers auf Besuch. Kühbauer wurde von den Mitgliedern mit dezent-freundlichem Applaus bedacht. "Wir werden alles reinlegen."

Sonntagabend, rund 20 Minuten nach Abpfiff. Der LASK ist gnädig gewesen, man hätte sich über ein 0:4 nicht beschweren können. Wie schon in den Wochen davor war Tormann Richard Strebinger Rapids Bester, er sagte: "Wir sind kopflos, brechen nach dem ersten Rückschlag auseinander. Der LASK hingegen ist von sich immer überzeugt." Kühbauer lehnte Ratlosigkeit ab. "Die Situation ist so."

Kein Plan B

Die Souveränität der Linzer vor allem in der zweiten Halbzeit war gespenstisch, die Hilflosigkeit Rapids nach dem Tor von James Holland (54.) offensichtlich. Mag sein, dass man einem Irrtum aufsitzt. Die Grün-Weißen wollen aktiven Fußball spielen. Sie können es halt nicht, Plan B gibt es keinen. Die Folgen dieser Selbstüberschätzung sind verlorene Zweikämpfe, Ballverluste in den gefährlichen Zonen. Im Athletikbereich ist der Nachholbedarf enorm. Der LASK gewann 55 Prozent der Zweikämpfe, nützte die Räume schamlos aus. Trainer Oliver Glasner, der mehr als 44 Jahre alt werden musste, um endlich in Wien gegen Rapid zu gewinnen, dankte seinen Kickern: "Die Mannschaft zeichnet aus, dass sie bis zum Umfallen rackert. Sie weiß genau, was zu tun ist."

Kühbauer weiß, dass nur mehr Punkte und Punkte zählen. "Die Köpfe müssen in der Höhe sein." Die Hauptversammlung ist überstanden. Michael Krammer sagte noch: "Wir geben alles, um aus der Scheiß-Gasse rauszukommen." (Christian Hackl, 26.11.2018)