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Demonstrationen nach einer antisemitischen Attacke im April in Berlin. Ein Fünftel von insgesamt 7.000 Befragten in Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Schweden, Polen, Ungarn und Österreich meinen, dass Juden zu viel Einfluss in Medien und Politik hätten.

Foto: REUTERS/Fabrizio Bensch

Wien – Antisemitische Vorurteile, Israel-Kritik und Skepsis gegenüber dem Gedenken an den Holocaust sind in Europa weit verbreitet. Dies zeigt eine Umfrage des US-Nachrichtensenders CNN in sieben EU-Staaten, darunter Österreich. So gab ein Fünftel der Befragten an, dass Juden zu viel Einfluss in Medien und Politik hätten. Nur 54 Prozent unterstützen Israels Existenzrecht als jüdischer Staat.

In Österreich war ein Drittel der Befragten der Meinung, dass Juden zu viel Einfluss im Finanzbereich hätten. In Polen und Ungarn hatten sogar 40 Prozent diese Ansicht. 31 Prozent der insgesamt 7.000 Befragten in Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Schweden, Polen, Ungarn und Österreich meinen, dass das Gedenken an den Holocaust von anderen Gräueltaten ablenkt. 35 Prozent sind der Meinung, dass Israel den Holocaust heranziehe, um seine Handlungen zu rechtfertigen.

Ebenfalls 35 Prozent meinen, dass die Unterstützer Israels den Vorwurf des Antisemitismus benützen, um Kritiker zum Schweigen zu bringen. Zehn Prozent der Befragten widersprachen dieser Aussage.

Kein Wissen über Holocaust

Ein Zwanzigstel der Befragten hat eigenen Angaben zufolge noch nie etwas vom Holocaust gehört. Unter den 18- bis 34-Jährigen steigt der Anteil auf bis zu 20 Prozent (Frankreich), in Österreich sind es zwölf Prozent. Allerdings räumten 40 Prozent der Erwachsenen in Österreich ein, "nur wenig" über den Holocaust zu wissen.

40 Prozent der Befragten gaben an, dass Juden Zielscheibe von rassistischer Gewalt seien. Rund die Hälfte sind der Meinung, dass die jeweiligen Regierung mehr dagegen tun müssten. Allerdings waren 28 Prozent der Meinung, dass der Antisemitismus hauptsächlich eine Antwort auf die Handlungen des Staates Israel sei. 18 Prozent begründeten den Antisemitismus mit dem Verhalten von Juden im Alltag.

Zwei Drittel der Befragten schätzte die Zahl der Juden zu hoch ein. So gab etwa ein Viertel aller Ungarn an, dass mehr als 20 Prozent der Weltbevölkerung jüdisch sei – tatsächlich sind es 0,2 Prozent. In Großbritannien und Polen glaubten ein Fünftel der Befragten dieser Annahme. Zwei von fünf Befragten meinten, dass der Anteil der Juden in ihren Ländern zwischen drei und zehn Prozent liege. Tatsächlich ist Israel der einzige Staat der Welt, in dem mehr als zwei Prozent Juden sind.

Kein Kontakt zu Juden

In allen Ländern musste eine Mehrheit der Befragten einräumen, noch nie Kontakt mit Juden gehabt zu haben. In Deutschland, Österreich und Polen machten zwei Drittel diese Angabe. Zehn Prozent der Befragten deklarierten sich dabei offen als Antisemiten. In Ungarn sagten 19 Prozent, sie hätten eine negative Meinung über Juden. Nur 21 Prozent äußerten eine positive Meinung. Allerdings zeigt die Umfrage eine noch größere Abneigung gegenüber anderen Minderheitengruppen. 39 Prozent räumten ein, eine negative Meinung über Roma zu haben, gefolgt von Muslimen (37 Prozent), Einwanderern (36 Prozent) und Homosexuellen (16 Prozent).

Der Beauftragte der deutschen Bundesregierung für den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, nannte die Umfrageergebnisse laut einer CNN-Aussendung "erschreckend". Im Kampf gegen Antisemitismus sei es entscheidend, "die Erinnerung an die Shoah am Leben zu erhalten", betonte Klein. So wolle er die anderen EU-Staaten ermutigen, ebenfalls Beauftragte zu ernennen und sich der internationalen Antisemitismus-Definition anzuschließen. "Unsere größte Herausforderung ist es aber, die Meinung zu verändern, die Menschen von Juden und Jüdinnen haben. Das ist eine Aufgabe für uns alle und die Gesellschaft als Ganzes, wenn Antisemitismus ist eine Bedrohung für jede demokratische, offene Gesellschaft."

Die Umfrage wurde vom Institut ComRes zwischen 7. und 20. September durchgeführt, wobei in jedem Land rund 1.000 Personen aus einer für Alter, Geschlecht und Region repräsentativen Stichprobe befragt wurden. (APA, red, 27.11.2018)