Generalsekretär Peter Goldgruber schlägt ein rauer Wind entgegen, auch dank des Koalitionspartners.

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Achtzehn Sitzungen hat der BVT-Untersuchungsausschuss hinter sich, über dreißig Auskunftspersonen wurden seit Anfang September befragt. Man weiß nun sehr viele Details und bemerkte zahlreiche Widersprüche, aber Beweise für eine Verschwörung der freiheitlichen Spitze im Innenministerium gegen den Verfassungsschutz blieben nach wie vor aus. Auch die ersten beiden Auftritte von Ministern diese Woche brachten die Causa keiner befriedigenden Auflösung näher. Ein Rückblick in fünf Punkten.

Kickls plausible Unkenntnis

Schon seit Monaten war der Auftritt von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) als Höhepunkt des U-Ausschusses angepriesen worden. Doch Kickl exerzierte vor, wie man das Konzept der "plausible deniability", also der glaubhaften Unkenntnis von Missständen, perfektionieren kann. Kickl wusste über die vielgescholtenen Aktivitäten seines Generalsekretärs Peter Goldgruber und dessen Mitarbeiters Udo Lett immer genug, um sich als "Herr seines Hauses" zu inszenieren, aber immer zu wenig, um realpolitisch Verantwortung übernehmen zu müssen.

An der Mauer, die Lett und Goldgruber für Kickl aufgebaut hatten, bissen sich die Oppositionspolitiker die Zähne aus. Allerdings könnte es Kickl mit seinem angeblichen Nichtwissen etwas übertrieben haben: Dass er seinen Generalsekretär Goldgruber nur einige Wochen vor Amtsantritt kennengelernt hatte und über die FPÖ-Funktionen des Spitzenpolizisten und Razzialeiters Wolfgang Preiszler nicht Bescheid gewusst hatte, wollte ihm nicht jeder Beobachter abnehmen.

Goldgruber dürfte fallen

Während es bei Kickls Befragung nach einem Waffenstillstand zwischen ÖVP und FPÖ roch, ging Türkis respektive Schwarz am Mittwoch in die Offensive: Fraktionsführer Werner Amon verlangte öffentlich, dass die Suspendierung von Generalsekretär Goldgruber geprüft werden sollte. Amon war den Aktionen des blauen Innenministeriums seit Beginn der Affäre skeptisch gegenübergestanden; das "Bauernopfer" Goldgruber könnte nun den innerkoalitionären Frieden bewahren. Auch Kickl schob Verantwortung an seinen Generalsekretär ab.

Die Welt der Staatsanwältin

Zum dritten Mal war am Mittwoch die fallführende Staatsanwältin Ursula Schmudermayer geladen, und zum dritten Mal sorgte sie für Erstaunen bei Abgeordneten und Journalisten. Sie behauptete etwa, dass das berüchtigte Dossier an Anzeigen, das die Affäre mitausgelöst hatte, "grosso modo" stimme. Das steht im Widerspruch zur Aktenlage und journalistischen Recherche. Justizgeneralsekretär Christian Pilnacek, der die Staatsanwaltschaft kritisiert hatte, attestierte sie eine "Neigung zu südlichem Charakter". Auch sonst zeigte sich Schmudermayer uneinsichtig.

Erste Reformvorschläge

Justizminister Josef Mosers (ÖVP) Befragung war zwar reichlich unspektakulär, er lieferte jedoch die ersten Reformvorschläge, die aus der Affäre erwachsen könnten. So will Moser den Journaldienst bei Richtern reformieren. Durchsuchungsanordnungen sollen künftig immer schriftlich vorgelegt werden, außer es besteht eine Gefahr für Leib und Leben. Außerdem soll die Oberstaatsanwaltschaft als "Re-Check" für die Staatsanwaltschaft in heikle Verfahren eingebunden werden. Konkrete Reformvorschläge sind nächstes Jahr zu erwarten.

Die schwarze Krake kommt

Die Abgeordneten richten den Blick langsam aufs nächste Jahr, wo das zweite Kapitel im U-Ausschuss aufgeschlagen werden soll. Statt um Razzia und etwaige Verfehlungen der FPÖ soll es dann um das "schwarze Netzwerk", also Nepotismus und Korruption im bis Ende 2017 ÖVPgeführten Innenministerium gehen. Schon jetzt wurden fehlende Aktenlieferungen zu diesem Teil moniert. Der ÖVP soll viel daran liegen, das "schwarze Netzwerk" so spät wie möglich zu thematisieren. Deshalb wurden für nächste Woche und Jänner noch zahlreiche Zeugen zur Hausdurchsuchung geladen, deren Befragung nur minimalen Erkenntnisgewinn bringen dürfte. Ziel ist das Verschleppen des ÖVP-Kapitels bis nach der Europawahl im Mai – denn Befragungen von ÖVP-Granden wie Johanna Mikl-Leitner oder Wolfgang Sobotka sähen im Wahlkampf nicht gut aus. (Fabian Schmid, 29.11.2018)