Die Europäische Union hat in der Vergangenheit durchaus Versuche gestartet, den Treibhausgasausstoß über institutionelle Wege zu reduzieren. Das bekannteste Instrument, das bisher jedoch kaum gegriffen hat, ist das Emissionshandelssystem. "Das System hat dabei versagt, einen angemessenen CO2-Preis zu erzeugen", sagt Steuerexpertin Tatiana Falcão im Gespräch mit dem Standard. Das würde vor allem daran liegen, dass der Markt den Preis festlegt und nicht die EU.

Falcão plädiert daher für die Einführung einer CO2-Steuer. Auf EU-Ebene sei eine solche Regelung nur schwer durchzusetzen, meint die Expertin. Daher wären die Regierungen der einzelnen Mitgliedsstaaten gefragt. Nordische Länder würden dabei als Positivbeispiel vorangehen. Schweden hat beispielsweise bereits 1991 eine entsprechende Steuer eingeführt. Anfangs lag der Preis je Tonne CO2-Äquivalent bei rund 26 Euro, mittlerweile ist er auf 120 Euro gestiegen. Eine langsame Anhebung mache durchaus Sinn, meint Falcão: Dadurch steige der Preis umweltschädlicher Konsumgüter nur schrittweise und sei damit sozial verträglicher. Dennoch passten Konsumenten nach und nach ihr Verhalten an. Der langsame Anstieg verschaffe Industrie und Staat außerdem Zeit, CO2-ärmere Alternativen zu entwickeln.

Eine CO2-Steuer würde nach Ansicht der Steuerexperten sowohl Regierungen als auch Unternehmen Vorteile bringen. Der Staat könne seine Kassen durch zusätzliche Steuereinnahmen füllen. In Finnland habe das so weit geführt, dass die Regierung mittlerweile nicht mehr auf die Einnahmen verzichten kann. Für Unternehmen bedeute eine einheitliche Abgabe hingegen weniger Bürokratie. Wettbewerbssorgen müsste jedoch zeitgleich mit anderen Instrumenten gegengesteuert werden.

Den geringsten CO2-Ausstoß hat Südamerika. Den größten Asien, gefolgt von Nordamerika.

Wirtschaft einbinden

Die EU-Wirtschaft soll bis 2050 ohne jegliche Treibhausgase auskommen, so zumindest der ambitionierte Plan der EU-Kommission, der vergangene Woche in Brüssel präsentiert wurde. "Klimaneutralität ist unerlässlich, machbar und im Interesse Europas", kommentierte Miguel Arias Cañete, EU-Kommissar für Klimapolitik und Energie, das Vorhaben.

Ohne das Mitwirken von Europas Industrie und Wirtschaft ist der Plan jedenfalls nicht umsetzbar. Der Weg in Richtung CO2-neutraler Produktion liegt in den meisten Branchen in weiter Ferne – dennoch engagiert sich eine wachsende Zahl an Betrieben im Kampf gegen den Klimawandel. Die Initiativen reichen von der Umstellung von Firmenflotten auf E-Mobilität über ressourcenschonendere Produktionsweisen bis hin zu Kreislaufwirtschaftssystemen.

Auch in Österreich haben sich Anfang des Jahres mehr als 300 Unternehmen zusammengeschlossen und sich in einem Appell an die Bundesregierung gewandt. In dem Schreiben fordern die Beteiligten, die insgesamt mehr als 280.000 Arbeitnehmer beschäftigen, dass Energie- und Klimapolitik in Österreich ein größerer Stellenwert eingeräumt wird. Die beteiligten Betriebe forderten die Regierung dazu auf, einen Fahrplan mit konkreten Instrumenten und Maßnahmen festzulegen, um die Dekarbonisierungsziele der EU zu erreichen. "Die Unternehmen wollen selbst zum Klimaschutz beitragen und sehen darin die große Chance, neue Märkte zu eröffnen, tausende Arbeitsplätze im Land zu schaffen und Konjunkturimpulse zu setzen", heißt es in dem Schreiben.

Ob hinter den Bemühungen tatsächliche Sorgen um die Umwelt, Hoffnung auf Kostenersparnis oder Imagewäsche steht, spielt letztlich eine Nebenrolle: Hauptsache, es wird etwas getan.

Den Schutz des Regenwaldes will der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro aufweichen.
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Ressourcen schonen

Der beste Weg, den Klimawandel einzudämmen und die bereits vorhandenen Folgen abzumildern, ist ein Schutz der Ökosysteme. Das ist auch der günstigste Weg. Dabei stehen kurzfristige wirtschaftliche Interessen dem langfristigen Klimaschutz oft im Wege. Das jüngste besorgniserregende Beispiel liefert der neu gewählte brasilianische Präsident Jair Bolsonaro. Der Rechtspopulist hat bereits angekündigt, dass er den Schutz des Regenwaldes aufweichen will.

Auch die österreichischen Wälder binden jährlich circa sechs Prozent der nationalen Treibhausgasemissionen, informiert das Umweltbundesamt. Damit ist der Wald der wichtigste nationale Faktor zur Senkung des Kohlenstoffs.

Im Nationalpark Kalkalpen untersuchten das Umweltbundesamt, die Universität für Bodenkultur und das Bundesforschungszentrum für Wald, wodurch diese Klimaschutzleistung in der Vergangenheit geschmälert wurde: Dazu zählte etwa die intensive Holznutzung durch den Menschen und heftiges Borkenkäferaufkommen Anfang des 20. Jahrhunderts.

Die gute Nachricht: Der Wald kann sich schnell erholen und seine Funktion als "Klimaschützer" sogar verbessern. Denn nachwachsende Bäume binden sehr viel Kohlenstoff. Durch den Klimawandel werden Störungen jedoch zunehmen. Der Nationalpark Kalkalpen könnte dadurch in den kommenden 200 Jahren rund zehn Prozent seiner klimaschützenden Funktion verlieren, prognostiziert das Umweltbundesamt.

Die Bundesforste forcieren daher bereits Naturverjüngung auf ihren Flächen und pflanzen verstärkt Baumarten wie die tiefwurzelnde Lärche oder unterschiedliche Laubhölzer wie Eichen, Erlen oder Bergahorn. Diese sind besser für den Klimawandel gerüstet.

Furcht sei kontraproduktiv, so die Expertin, stattdessen müssten Handlungsvorschläge präsentiert werden.
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Gesellschaft motivieren

Verhungernde Eisbären, ausgetrocknete Flüsse, verwüstete Landstriche: Berichte und Bilder über Klimawandelfolgen können lähmend wirken. "Furcht ist kontraproduktiv", sagt Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke von der Universität Salzburg dem Standard. Sie forscht, wie Kommunikation zu umweltfreundlichem Verhalten motivieren kann.

"Der Klimawandel ist beängstigend, aber gleichzeitig schwer greifbar", sagt sie. Als aktuelles Beispiel, wie politische Kommunikation demotivierend auf nachhaltiges Verhalten wirken könne, nennt die Forscherin eine Aussage von Umweltministerin Köstinger in der Ö1-Sendung Klartext. Darin betonte diese, dass die EU für nur zehn Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich sei. Dies führe aus psychologischer Sicht, so Uhl-Hädicke, zu einem geringen "Selbstwirksamkeitserleben", also einem Gefühl, dass es egal sei, ob man sich umweltfreundlich verhält oder nicht. Die Rechnung ist zudem trügerisch: Ein Großteil der in der EU verbrauchten Güter wird im Ausland produziert.

Anders als etwa beim Rauchen ist jedoch die Gefahr nicht gebannt, wenn man sein Verhalten radikal ändert. Das könne zu Unsicherheit und Hilflosigkeit führen und ein symbolisches Verteidigungsverhalten auslösen, fand Uhl-Hädicke heraus. Es helfe indirekt, das Bedrohungsgefühl zu überwinden, indem es Angst reduziert. Dazu gehörten das Aufwerten der eigenen Ethnie und Nationalismus: Das könne in einer Gesellschaft den Nährboden für Populisten bereiten.

Medien müssten einen Spagat schaffen: Zum einem sollten sie Information transportieren, zum anderen gelte es, Themen auch greifbar und nachvollziehbar zu gestalten. Und schließlich müssten Handlungsvorschläge präsentiert werden, um ein Ohnmachtsgefühl zu verhindern. (Nora Laufer, Julia Schilly, 2.12.2018)