Istanbul – Im Fall des ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi hat die türkische Staatsanwaltschaft Haftbefehle für zwei Vertraute des saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman ausgestellt, die "zu den Planern" des Mordes gehören sollen. Dabei geht es um den früheren saudi-arabischen Vizegeheimdienstchef Ahmad al-Assiri und den früheren königlichen Medienberater Saud al-Kahtani.

Wie die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, bestätigte ein Istanbuler Gericht am Mittwoch einen Antrag der Staatsanwaltschaft zur Ausstellung von Haftbefehlen. Die Staatsanwaltschaft hege "den starken Verdacht", dass al-Assiri und al-Kahtani "zu den Planern des Vorfalls gehörten", hieß es im Antrag des zuständigen Staatsanwalts Hasan Yilmaz mit Blick auf die Tötung von Khashoggi im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul am 2. Oktober. Ein Gericht gab dem Antrag zur Festnahme der beiden Saudi-Araber laut Anadolu am Mittwoch unter dem Vorwurf der "vorsätzlichen Tötung" statt.

Zweifel

Ein mit den Ermittlungen vertrauter türkischer Regierungsvertreter erklärte, die Beantragung der Haftbefehle durch die Türkei "spiegelt die Ansicht wider, dass die saudi-arabischen Behörden nicht gegen diese Personen vorgehen werden". Die Staatengemeinschaft bezweifle die Entschlossenheit Saudi-Arabiens, das Verbrechen aufzuklären. Durch die Auslieferung der Verdächtigen an die Türkei könnten diese Zweifel beseitigt werden, erklärte der Regierungsvertreter.

Der saudi-arabische Journalist Khashoggi war am 2. Oktober ins Konsulat seines Heimatlandes in Istanbul gegangen und nicht wieder aufgetaucht. Unter internationalem Druck gab Riad nach wochenlangen Dementis zu, dass der Kritiker von Kronprinz Mohammed bin Salman in der diplomatischen Vertretung von einem saudi-arabischen Kommando getötet wurde. Das Königreich bestreitet aber weiter, dass der Thronfolger den Auftrag gab.

21 Festnahmen

Nach Darstellung Saudi-Arabiens ordneten al-Assiri und al-Kahtani eigenmächtig den Einsatz an, um den im US-Exil lebenden Journalisten in sein Heimatland zurückzuholen. Der Einsatzleiter habe dann in Istanbul eigenmächtig entschieden, den 59-Jährigen zu töten. Al-Assiri und al-Kahtani wurden ihrer Posten enthoben. 21 Verdächtige wurden im Zusammenhang mit dem Fall in Saudi-Arabien festgenommen, von denen fünf die Todesstrafe droht. Namen wurden jedoch nicht genannt.

Die Türkei fordert seit Wochen von Riad die Auslieferung von 18 Verdächtigen, um ihnen in Istanbul den Prozess zu machen. Zwar hat die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan bisher vermieden, den saudi-arabischen Thronfolger direkt für das Verbrechen verantwortlich zu machen. Doch hält sie den Druck auf ihn aufrecht, indem sie über die Medien Informationen aus den Ermittlungen streut, die den Kronprinzen belasten.

"Ich denke, dass er verrückt ist"

Auch US-Senatoren zeigten sich nach einem CIA-Briefing überzeugt, dass der Kronprinz an dem Mord beteiligt war. Die beiden Republikaner Bob Corker – der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Senat – und Lindsey Graham stellten sich am Dienstag in Washington gegen den republikanischen Präsidenten Donald Trump. Graham sagte über den saudi-arabischen Kronprinzen: "Ich denke, dass er verrückt ist, ich denke, dass er gefährlich ist, und er hat die Beziehung gefährdet."

Die Chefin des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, Gina Haspel, hatte am Dienstag eine Gruppe Senatoren hinter verschlossenen Türen über Erkenntnisse in dem Fall unterrichtet. Türkischen Quellen zufolge hatte der türkische Geheimdienst Haspel bei einem Besuch in Ankara Ende Oktober angeblich existierende Audioaufnahmen vom Mord an Khashoggi vorgespielt. Corker sagte nach dem Briefing: "Ich habe überhaupt keine Zweifel, dass der Kronprinz die Tötung angeordnet hat, die Tötung überwacht hat, genau wusste, was passierte, und es vorab geplant hat. Wenn er vor einer Jury wäre, würde er innerhalb von 30 Minuten schuldig gesprochen."

Graham – in anderen Punkten ein Verbündeter von Präsident Trump – sagte: "Es gibt null Möglichkeiten – null –, dass das in so einer organisierten Art passiert ist ohne den Kronprinzen." Graham kündigte an, keine Waffenverkäufe an Saudi-Arabien mehr zu unterstützen, bis die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen worden sind. (APA, 5.12.2018)