Der Auftakt war ermutigend: In Stockholm trafen am Donnerstag erstmals nach mehr als zwei Jahren die im Jemen kriegsführenden Parteien zu Gesprächen zusammen – und einigten sich noch am Vormittag auf einen Gefangenenaustausch, der Tausende wieder nach Hause bringen soll. Dass das so rasch ging, zeigt, dass das Treffen diesmal sehr gut vorbereitet war. Mit der Unterstützung des bewährten Vermittlers Oman waren bereits zuvor verletzte Rebellen aus Sanaa ausgeflogen worden. Der letzte Verhandlungsanlauf Anfang September in Genf war gescheitert, weil die Vertreter der Huthi-Rebellen oder Ansar Allah, wie die Gruppe offiziell heißt, gar nicht gekommen waren – offenbar mangels Sicherheitsgarantien.

Noch ist man aber in Stockholm weit entfernt, über Inhalte eines politischen Arrangements zur Beendigung des Kriegs oder gar einer Neuordnung zu reden. Das Ziel von Stockholm sind konkrete Maßnahmen zur Vertrauensbildung und Verbesserung der Lebenssituation der Menschen in den Kriegsgebieten, konkret die Öffnung des Flughafens der Hauptstadt Sanaa und ein nachhaltiger Waffenstillstand für die Hafenstadt Hodeidah, den einzigen Hafen, über den der Norden versorgt wird. Das alles soll den Rahmen schaffen für echte politische Verhandlungen zwischen den Huthi-Rebellen und der international anerkannten jemenitischen Regierung von Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi.

Wo der Konflikt im Jemen seinen Ursprung hat
DER STANDARD

Der humanitäre Aspekt ist im Fall des Jemen besonders wichtig: Mehr Menschen sterben an Kriegsfolgen als durch Kampfhandlungen. Katastrophale hygienische Zustände und ein Zusammenbruch der Gesundheitsversorgung haben zu Epidemien geführt; am schlimmsten davon die Cholera, die tausende Tote fordert. Etwa 22 Millionen Menschen sind von Hilfe abhängig, fast neun Millionen akut von Hunger bedroht. Dass oft nicht der Mangel an Lebensmitteln, sondern ihre Leistbarkeit das Problem ist – und dass sich in der jemenitischen Kriegswirtschaft viele bereichern -, hat dazu geführt, dass auch Wirtschafts- und Finanzfragen in Stockholm auf die Tagesordnung gesetzt wurden.

Druck aus den USA

Der Huthi-Aufstand im Jemen, der schon 2004 als lokaler Konflikt begann, ist auch deshalb so schwer zu lösen, weil die Kriegsparteien von außen unterstützt werden: die Ansar Allah, die einer Sonderform der Schia angehören, vom Iran; die Regierung Hadi von Saudi-Arabien und einer breiten Koalition, die im März 2015 in den Krieg eintrat, als die Huthis Aden eroberten. Allgemein wird angenommen, dass Druck von den USA und den europäischen Waffenlieferanten Saudi-Arabiens, ausgelöst durch den Mord an Jamal Khashoggi, zum Zustandekommen der Gespräche beigetragen hat. Es gehört aber auch die Bereitschaft der Huthis dazu.

In einem der Außenbezirke der jemenitischen Hafenstadt Hodeidah.
Foto: APA / AFP / Yasser al-Zayyat

Der 2018 ins Amt gekommene Uno-Vermittler, der Brite Martin Griffiths, erinnerte in einem Gastkommentar in der "New York Times" daran, dass "Konzessionen das zentrale Prinzip von Verhandlungen" sind: Das kann man als Hinweis darauf lesen, dass die Uno-Sicherheitsratsresolution 2216, die bisher als einzige Grundlage für eine Lösung gesehen wurde, überholt ist. Die Resolution war im April 2015 ein großer Erfolg für Hadi und Saudi-Arabien, denn sie sah im Grunde die Kapitulation der Huthis und ihren völligen Rückzug in den Norden vor. Dreieinhalb Jahre später ist die Regierungskoalition noch immer von Sanaa weit entfernt, und Verhandlungen werden um diese Tatsachen nicht herumkommen.

VAE unterstützen Sezessionisten im Süden

Griffiths lobte in seinem Kommentar auch die Nationale Dialogkonferenz von 2013, in der die unterschiedlichen jemenitischen Gruppen nach dem durch Arabischer-Frühling-Proteste erreichten Rücktritt von Langzeitpräsident Abdullah Saleh versuchten, eine gemeinsame Vision und Grundlagen einer Verfassung zu entwickeln. Huthis, aber auch südliche Separatisten, fühlten sich jedoch zu wenig eingebunden.

Im Süden kochen die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ihre eigene Suppe und unterstützen die Sezessionisten. Die VAE, die im Jemen-Krieg auch Söldner-Bodentruppen unterhalten, sind Hadi gegenüber skeptisch eingestellt, weil dieser der Islah, einer Muslimbrüder-Partei, nahesteht. (Gudrun Harrer, 6.12.2018)