Ankara – Die türkischen Behörden haben erneut dutzende Haftbefehle gegen mutmaßliche Anhänger der Gülen-Bewegung im Militär ausgestellt. 41 der 87 Haftbefehle der Staatsanwaltschaft Ankara wurden am Freitagvormittag vollstreckt, berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu. Bei den Verdächtigen handelt es sich vor allem um frühere Unteroffiziere im Kommando der Luftwaffe, die beim Putschversuch im Juli 2016 eine führende Rolle gespielt hatte.

Laut Anadolu stellte die Staatsanwaltschaft auch Haftbefehle gegen 41 Offiziere und Unteroffiziere der Gendarmerie aus. Präsident Tayyip Erdoğan wirft der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen vor, Justiz, Polizei, Militär und Verwaltung unterwandert zu haben, und macht sie für den Putschversuch verantwortlich. Seither wurden zehntausende mutmaßliche Gülen-Anhänger inhaftiert oder entlassen.

62 Betroffene in 17 Provinzen

Die Staatsanwaltschaft in Izmir ließ der regierungsnahen Zeitung "Daily Sabah" vom Freitag zufolge 53 Personen festnehmen. Insgesamt würden in 17 Provinzen 62 Personen gesucht, vor allem Gerichtsangestellte und Gefängniswärter. Erst am Dienstag wurden Haftbefehle gegen knapp 270 Verdächtige ausgestellt.

Seit dem Putschversuch greift die Regierung gegen angebliche Staatsfeinde und Regierungskritiker scharf durch. Die Maßnahmen treffen auch Akademiker, Menschenrechtler und Journalisten. Nach offiziellen Zahlen von Mitte November wurden seit 2016 rund 218.000 Personen festgenommen.

140.000 Personen aus Staatsdienst entlassen

16.684 der Betroffenen wurden demnach verurteilt, 14.750 befänden sich weiterhin in Untersuchungshaft. Mehr als 140.000 Personen wurden aus dem Staatsdienst entlassen. Verteidigungsminister Hulusi Akar gab Anfang November an, dass allein beim Militär mehr als 15.000 Menschen, darunter 150 Generäle und Admiräle, gefeuert worden seien.

Das harte Vorgehen Erdoğans gegen die Anhänger seines langjährigen Verbündeten Gülen stößt in der Opposition und im Ausland auf Kritik. Auch Gegner der von ihnen als sektenartig eingestuften Bruderschaft Gülens bezeichnen das Vorgehen als unverhältnismäßig und sehen die Rechte der Beschuldigten nicht gewahrt. (APA, 7.12.2018)