Homöopathie erfreut sich in Österreich massiver Beliebtheit. Im Jahr 2017 haben laut einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Gfk 62 Prozent aller Österreicher ein homöopathisches Arzneimittel benutzt. 13 Prozent der Bevölkerung ist von der Wirkung überzeugt, jährlich wird in der EU eine Milliarde Euro für Globuli ausgegeben. Und das, obwohl es für letztere überhaupt keinen Wirksamkeitsnachweis gibt. Das stellt die Frage: Wie werden die kleinen Zuckerkugerln überhaupt hergestellt?

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"Gleiches mit Gleichem"

Eine Antwort zu liefern versucht die deutsche Chemikerin Mai Thi Nguyen-Kim, die in einem Video vorführt und erklärt, wie Globuli hergestellt werden. Im Grunde bestehen Globuli aus Zucker, Lösungsmittel (Wasser oder Alkohol) und einem "Wirkstoff". Letzterer ist eigentlich ein Gift. Das Prinzip der Homöopathie sieht nämlich vor, dass Gleiches mit Gleichem geheilt wird – wer also an Magenbeschwerden leidet und erbricht, nimmt ein Mittel – Nguyen-Kim nennt beispielsweise Arsen – zu sich, was eben genau das auslösen würde. Allerdings wird das Gift so stark verdünnt, dass es den negativen Effekt nicht mehr auslöst. Arsen ist nämlich bereits bei einer Dosierung von 0,1g tödlich.

Immens verdünnt

In der Homöpathie wird nach sogenannten Potenzen verdünnt, die gängigsten Mittel haben eine C-Potenz (C = Centesimal = 100). C1 entspricht einer Verdünnung von 1:100, C2 1:100² (Also: 1:100*100 = 1:10.000), und so weiter. Bei D-Potenzen (Dezimal, 10) besteht eine Verdünnung von 1:10. Die Annahme ist, dass sich die Wirkung durch die erhöhte Verdünnung paradoxerweise verstärkt. Wichtig ist nach der Theorie auch, dass Lösungen zehn Mal auf einer weichen Oberfläche aufgeschlagen werden. Der daraus entstandene Stoff wird daraufhin auf Zucker in einer Konzentration von 1:100 aufgebracht – das entspricht also bei 100 Gramm Zucker ungefähr einem Sprühstoß mit einer Sprühflasche (0,1 Milliliter). Nach dem Trocknen werden die Kugeln in Flaschen abgefüllt und verkauft. In einem Fläschchen, in dem sich etwa 1200 Globuli befinden, sind demnach etwa 0,0000000001 Gramm Arsen enthalten.

Mehr Stoffe im Alltag als in Globuliflaschen

Da, wie Nguyen-Kim erklärt, fast alle Stoffe, die genutzt werden, sich in der Umwelt befinden, nimmt man oft höhere Konzentrationen dieser im Alltag ein, als in Globuli enthalten sind. Im Falle von Arsen nehme der Mensch täglich 100 Mal so viel davon ein, wie in einer D6-Flasche enthalten ist. Dazu käme, dass laut der Atomtheorie ein Urstoff nicht unendliche Male verdünnt werden kann. Bei einer D25-Potenz befände sich in einem Liter nur ein Arsen-Atom – bei D30 wäre die Wahrscheinlichkeit, dass eines drinnen ist, niedriger, als im Lotto zu gewinnen, sagt Nguyen-Kim.

"Wassergedächtnis"

Nun gibt es laut der homöopathischen Theorie ein "Wassergedächtnis" – Wasser merke sich, mit welchem Stoff es in Berührung gekommen sei. Wenn Arsen im Wasser war, würde dieses trotzdem dieselbe "Form" behalten, wenn es entfernt wird. Einerseits sei das Aufschlagen demnach kontraproduktiv, kritisiert Nguyen-Kim, andererseits sei ein Wassergedächtnis wissenschaftlich gar nicht möglich – Wassermoleküle würden sich zwar zu Clustern zusammensetzen, allerdings nur bis zu vier Moleküle gemeinsam. Zudem würden sich diese innerhalb kürzester Zeit – weniger als einer Sekunde – wieder auflösen. Weiters werde das Wasser bei der Herstellung sowieso verdampft.

Eigener Kanal

maiLab

Nguyen-Kim betreibt übrigens einen eigenen, von funk produzierten Youtube-Kanal namens maiLab. Darin behandelt die ausgebildete Chemikerin wissenschaftliche Themen in kurzen Videos. Für ihr Video "Fluoride und Zahnpasta – Die ganze Wahrheit", in dem sie die angeblich schädliche Wirkung von Fluoriden behandelt, gewann sie im heurigen Jahr einen Fast-Forward-Sciene-Award in den Kategorien Substanz, Community und Webvideo Excellence. Zudem gewann sie für dasselbe Video den Webvideopreis Deutschland. (red, 8.12.2018)