Ümit Vural ist neues Oberhaupt von Österreichs Muslimen.

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Neuer Präsident, neue Hoffnungen: Ümit Vural, 36, aus der Türkei stammender Kurde und Jurist, soll künftig nicht nur die rund 500.000 Mitglieder der Islamischen Glaubensgemeinschaft vertreten, sondern auch dem verschärften Kurs der türkis-blauen Regierung gegen Muslime rechtlich fundiert die Stirn bieten. Beim anvisierten Kopftuchverbot für Mädchen in Kindergärten sowie in Volksschulen fühlt man sich nämlich ebenso ins Unrecht gesetzt wie bei der angekündigten, aber bisher nicht vollzogenen Schließung von Moscheen.

Vurals 31-jähriger Vorgänger Ibrahim Olgun war bei der Gemeinde nämlich in Ungnade gefallen, weil er in den Verdacht geriet, die von der Koalition angeordneten Schließungen von Gebetshäusern mitinitiiert zu haben – und nachdem er die Vertrauensfrage gestellt hatte, endete seine Amtszeit abrupt nach zweieinhalb Jahren.

Während Olgun den größten muslimischen türkischen Verband Atib, der unter der Kontrolle von Präsident Recep Tayyip Erdoğan steht, hinter sich wusste, gilt der neue Präsident als ein Vertreter des zweitgrößten Verbandes, der Islamischen Föderation. Dahinter steckt die türkisch-nationalistische Millî-Görüş-Bewegung.

Vom Gastarbeiterkind zum Anwalt

Dennoch ist Vural auch bei arabischen Vertretern der Glaubensgemeinschaft, deren Einfluss in den vergangenen Jahren zurückgedrängt wurde, gut angeschrieben, weil auch sie auf einen selbstbewussteren Umgang mit Kurz, Strache und Co hoffen. Außerdem war es Vural als bisheriger Vorsitzender des Schurarates, der Olgun mit seiner pragmatisch-besonnenen Art empfohlen haben soll, den Weg für Neuwahlen zu öffnen.

Als Kind mit sechs Jahren zog Vural Ende der Achtziger mit Vater, einem Maurer, Mutter und seinen drei Geschwistern aus Zentralanatolien in den Wiener Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus, wo er bis heute wohnt. Bald engagierte er sich als Jugendvertreter in einer Moschee und absolvierte später das Studium der Rechtswissenschaften. Seit 2009 ist Vural auch Mandatar in der Arbeiterkammer mit seiner eigenen Liste "Perspektive".

Privat ist das neue muslimische Oberhaupt verheiratet und Vater von drei Kindern. Bis zur Jahrtausendwende spielte Vural beim Favoritner AC. Heute bezeichnet er sich als Rapid-Fan, dem seine Religion immer wichtig geblieben sei, der aber auch einem Wiener Schnitzel keineswegs abgeneigt ist – natürlich vom Kalb, versteht sich. (Nina Weißensteiner, 9.12.2018)