Das Camp Qoloji 1 ist eines von über 300 in der Region Somali.

Foto: Bundeskanzleramt / Dragan Tatic

Vor einem halben Jahr endete das Leben, das sie kannte, abrupt. Dib und ihre acht Kinder mussten aus ihrem Heimatort in der äthiopischen Region Oromia flüchten. Es war gerade der Beginn des Ramadan, als die Kämpfe ausbrachen. Ihr Mann konnte nicht mitkommen, er war zu krank für die Reise. Mittlerweile, so erzählten es ihr Nachkommende, ist er im Gefängnis. Und Dib lebt mit ihrer Familie im Camp Qoloji 2 in der benachbarten Region Somali, nur etwa zehn Kilometer von ihrem früheren Zuhause entfernt. Zurückkehren ist für sie dennoch keine Option, die Lebensgrundlage der Bauern existiert nicht mehr.

Dib und ihre Familie wurden wie alle Bewohner des Camps Qoloji 2 Opfer eines ethnischen Konflikts, der an der Grenze der Regionen Oromia und Somali immer wieder aufflammt. Es geht um die Verteilung von Ressourcen. Wenn eine Regenzeit ausfällt, gibt es einfach zu wenig für alle, erzählt ein Mitarbeiter des World Food Programme, das sich um die Versorgung im Camp kümmert und mit der Austrian Development Agency zusammenarbeitet. Gehe es ums Überleben, werde die einst willkürlich gezogene Grenze plötzlich zum Problem. "Dann nimmt man von denen, von denen man glaubt, dass sie nicht hierhergehören."

Neue Regionalregierung

In der Region Somali im Osten Äthiopiens leben mehr als ein Drittel der fast drei Millionen Binnenvertriebenen Äthiopiens. Sie sind derzeit auf 385 Camps in der Region aufgeteilt.

Der frühere, despotisch regierende Präsident der Somali-Region hatte die Situation noch dadurch verschärft, dass er die Grenzkonflikte zum Machterhalt nutzte. Umso höher sind jetzt die Erwartungen von Bevölkerung und Binnenvertriebenen an den neuen Regionalpräsidenten Mustafe Muhumad Omer. Er ist einer derjenigen Äthiopier aus der Diaspora, die Abiy Ahmed, der als Reformer gefeierte neue Premierminister des Landes, eingesetzt hat. Omer kennt die Probleme in seinem Land und der Region auch aus der Sicht der Uno. Er arbeitet lange Jahre für das Uno-Nothilfebüro Ocha.

Kurz auf Ostafrikatour

Deshalb war die Begeisterung im Camp Qoloji 2 am Wochenende groß, als Omer mit Bundeskanzler Sebastian Kurz auf dessen Ostafrika-Tour das Lager besuchte. "Lang lebe der Präsident", skandierten die Bewohner. Von Omer erhoffen sie sich Wiederansiedlungsprogramme, die ihnen eine neue Lebensgrundlage bieten könnten.

Bis dahin bemühen sich internationale Organisationen um die Versorgung im Camp. Kurz sicherte dafür einen zusätzlichen Beitrag zu. Das in ganz Äthiopien tätige World Food Programme erhält für das kommende Jahr 1,5 Millionen Euro aus dem Budget des Landwirtschaftsministeriums. (Manuela Honsig-Erlenburg aus Jijiga, 10.12.2018)