Johann Sebastian Bach entwickelte im Alter Diabetes – und verlor sein Augenlicht.

Sounds &Science in Aktion: Wiener Philharmoniker und Ärzte bestreiten ein ungewöhnliches Programm. Dieses Jahr: Am Samstag, 15. Dezember 2018 in den Sofiensälen unter dem Motto "Diabetes – von Bach bis Puccini". Beginn ist um 19 Uhr.

Foto: George Kaulfersch * georgeye.com

Der menschliche Geist tendiert dazu, Dinge getrennt voneinander zu betrachten. Naturwissenschaften und Kunst zum Beispiel. Das eine sind Zahlen, das andere nicht. Den Beweis, dass Medizin und Musik eine gemeinsam Schnittmenge haben können, tritt eine Formation von der Medizinischen Universität Wien an. Es sind Ärzte, die sich für Musik interessieren und Musik machen. Und das hoch professionell. Ein Mal im Jahr wird ein Konzert veranstaltet.

In der Reihe "Sounds & Science" haben sich die Medziner dieses Jahr der Zuckerkrankheit gewidmet. "Diabetes – von Bach bis Puccini" ist das diesjährige Motto der Veranstaltung, die am 15. Dezember in den Wiener Sofiensälen stattfinden wird. Gespielt wird Musik von Komponisten, die an Diabetes litten, dazwischen gibt es Vorträge und Diskussionen, in denen es um die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Erkrankung geht.

Berühmte Diabetiker

"Wir sind immer auf der Suche nach den Querverbindungen", sagt Internist Manfred Hecking. Er ist Mitbegründer von Sound & Science, selbst Musiker und interessiert an "pathobiografischen Details in Musikerbiografien", wie er sagt. In Johann Sebastian Bach habe man ein prominentes Beispiel für Diabetes Typ 2 gefunden. Im Rahmen der Veranstaltung wird ein altes Krankheitsbild unter die Lupe genommen und mit neuesten wissenschaftlichen Fakten kombiniert. Brisant etwa die Frage, inwieweit Diabetes auch genetisch bedingt ist. "Wer in Zeiten von Nahrungsüberschuss an Diabetes erkrankt, dessen Vorfahren hatten vielleicht in Zeiten von Hungersnot einen Überlebensvorteil durch Insulinresistenz", sagt Hecking und zitiert eine Theorie des US-Evolutionsbiologen Jared Diamond, in der auch Johann Sebastian Bach als Beispiel erwähnt wird.

Während die Menschen mit Diabetes Typ-1 vor der Erfindung des künstlichen Insulins keine Überlebenschancen hatten, lebten sie mit Diabetes-Typ-2 mehr schlecht als recht. Bach zum Beispiel verlor das Augenlicht, der belgischen Komponisten und Violinist Eugene Ysaÿe verlor ein Bein. "Beide waren stark übergewichtig", sagt Manfed Hecking, ein Thema, das an diesem Konzertabend auch in Form eines Vortrages zum metabolischen Syndrom vertieft werden wird.

Ausblicke in die Zukunft

Heckings diabetischer Liebling ist allerdings der Lebemann Giacomo Puccini, dessen Zuckererkrankung eher zufällig nach einem Autounfall entdeckt wurde. Die Brücke ins Jetzt? Auch heute wissen viele Menschen nicht, dass ihre Blutzuckerwerte nicht in Ordnung sind, die Dunkelziffer für diese Erkrankung ist hoch.

Und genau das will "Sounds & Science" durch diese Veranstaltung ändern. Wer will, kommt nur wegen der erstklassigen Musik und bekommt dazwischen gutes diabetisches Wissen – häppchenweise serviert. Warum sollte ein brandaktuelles medizinisches Thema nicht auch Töne machen. (red, 11.12.2018)