Die SPÖ-Europaabgeordnete Evelyn Regner kritisiert Österreichs Rolle bei der gescheiterten Aufstockung der Grenzschutzeinheit Frontex.

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Straßburg/Wien – Europaabgeordnete der Oppositionsparteien SPÖ, Neos und Grüne haben massive Kritik an der Bilanz des österreichischen EU-Ratsvorsitzes geübt. "Es wurden eher Brücken eingerissen oder an den Brücken gesägt", sagte SPÖ-Delegationsleiterin Evelyn Regner am Dienstag. Österreich sei nicht Brückenbauer gewesen, beim EU-Außengrenzschutz sei nichts weitergegangen, von der Digitalsteuer gebe es keine Spur, und die Finanztransaktionssteuer habe man zu Grabe getragen.

Dass Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) eine "kopernikanische Wende" in der Migrationspolitik sehe, sei eine Übertreibung, sagte der SPÖ-Fraktionsvize Josef Weidenholzer. "Auf welchem Stern lebt er?" Österreich sei bei der gescheiterten Frontex-Aufstockung auf 10.000 Mann bis 2020 kein ehrlicher Makler gewesen. Weidenholzer konzedierte allerdings, dass auch EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos "vollkommen versagt hat".

Keine Einigung bei Digitalsteuer

Auch bei der nicht zustande gekommenen Digitalsteuer sei Österreich "nicht Brückenbauer" gewesen, sagte Regner. Die Regierung habe zwar das Problem erkannt, aber nicht an den Grundlagen gearbeitet. Der EU-Vorsitz habe vielmehr aus schönen Bildern und "nur Schein" bestanden.

Die Neos-Europaabgeordnete Angelika Mlinar kritisierte den Rückzug Österreichs aus dem UN-Migrationspakt während der Ratspräsidentschaft als "Skandal". Während die technische Ebene des Ratsvorsitzes durchaus funktioniert habe, sei im Bereich Migration und Asyl nichts weitergegangen. Weder die deutsche Kanzlerin Angela Merkel noch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron würden zum Afrika-Forum nach Wien reisen, "weil Österreich nicht als ehrlicher Makler wahrgenommen wird". Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) werde stattdessen von dem US-Rechtspopulisten Steve Bannon in einem Atemzug mit dem italienischen Innenminister Matteo Salvini von der rechten Lega genannt, sagte Mlinar.

Grüne: Sozialen Schutz torpediert

Monika Vana, Vizepräsidentin der Grünen im Europaparlament, kritisierte, dass Österreich trotz des Mottos "Ein Europa, das schützt" den sozialen Schutz und den Klimaschutz torpediert habe. Eine Fokussierung habe es ausschließlich auf das Migrations- und Abschottungsthema gegeben. Vana kritisierte erneut die Indexierung der Familienbeihilfe, die ein offener Rechtsbruch sei. Der grüne Europaabgeordnete Thomas Waitz beanstandete, dass Österreich kein neutraler Makler bei den Klimaverhandlungen gewesen sei, etwa bei CO2-Werten für Neuwagen oder der Förderung der Kohleverstromung. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) stelle sogar den menschengemachten Klimawandel infrage, "und die ÖVP schweigt".

Der ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas will den EU-Vorsitz erst am Ende bewerten. Karas sagte, er verstehe die EU-Innenminister nicht, dass die Frontex-Aufstockung jetzt erst 2027 vollzogen werden solle. "Jetzt braucht niemand mehr der EU vorwerfen, dass sie nicht funktioniert." Ein Versagen der Ratspräsidentschaft sieht er darin aber nicht. "Das liegt ausschließlich an den Blockaden der anderen", sagte er.

Für den freiheitlichen EU-Abgeordneten Georg Mayer ist die Bilanz des EU-Vorsitzes "durchgehend positiv". Er nannte etwa den Beschluss des Mobilitätspakets, "dass man nicht zaubern kann, war ja klar". Fehlende Beschlüsse im Bereich Migration und Außengrenzschutz seien zwar "bedauerlich", doch dürfe man Österreich hier nicht den Schwarzen Peter zuschieben. Die Präsidentschaft sei nur in einer Vermittlerrolle gewesen. (APA, 11.12.2018)