Der theoretische Physiker Clemens Staudinger gewann mit der ansprechenden Erklärung seines Forschungsgebiets den Wilhelm Macke Award.

Foto: Florian Sipek

Physiker haben es manchmal schwer, Laien ihr Metier zu erklären. Denn kaum ein Visavis hat die Quantenmechanik der Elektronen abrufbereit im Wissensköcher oder kann ansatzlos verstehen, wie Elektronen mit "Ladung" und "Spin" ihr Unwesen treiben. Wenn man sich, wie Clemens Staudinger, 25, dann noch als theoretischer Physiker mit "quantenmechanischen Vielteilchensystemen" beschäftigt, hat man es umso schwerer.

Dass er seine Arbeiten Laien erklären kann, hat er heuer aber im Rahmen des Wilhelm Macke Award an der Johannes-Kepler- Universität in Linz beeindruckend unter Beweis gestellt – ein Publikumspreis für die besten Physikmasterarbeiten, der von Schülerinnen und Schülern vergeben wird.

"Nimm doch ein lustiges Tierchen, am besten Pinguine, rieten mir Kollegen", sagt Staudinger. "Ich war verblüfft. Pinguine eignen sich nämlich tatsächlich gut für die Erklärung meiner Arbeit."

Denn so wie seine quantenmechanischen Vielteilchen-Systeme interagieren auch Pinguine auf einer sehr, sehr dünnen (Eis-)Schicht mit sich und ihrer Umgebung. "Stellt man sich Elektronen als Pinguine vor, die auf einem Eislaufplatz umherflitzen, dann hat man schon viel von den Bewegungsoptionen der Elektronen in der Quantenmechanik erfahren."

Pirouetten und Kollisionen

Denn wie die lustigen Kerlchen aus dem Trickfilm Die Pinguine von Madagaskar jagen Elektronen, wenn sie sich in einem elektrischen Feld befinden, nicht nur kollidierend in unterschiedlichste Richtungen. Kommt zudem noch ein magnetisches Feld hinzu, vollführen sie auch noch interessante "Pirouetten", drehen sich also um die eigene Achse, entweder nach links oder nach rechts. So kommt es zu ihrem "Spin", also Drehimpuls.

"Wenn wir verstehen, wie die ,Pinguine' interagieren, dann hat man viel gewonnen", erklärt Staudinger seine Arbeit. Denn elektronische Geräte wie Handys, Spielekonsolen oder PCs sind voll von quantenmechanischen Vielteilchensystemen. "Können wir besser verstehen, wie ihre Bewegung und ihr Spin in elektronischen Schaltern wie Transistoren oder Dioden besser beeinflussbar sind, können wir schnellere und effizientere Geräte bauen."

Die Erklärung war für das Publikum einleuchtend und das Voting eindeutig. Staudinger, in seiner Freizeit begeisterter Cellist, arbeitet nun an seiner Dissertation, und in dieser schickt er – um im Bild zu bleiben – seine Pinguine in die absolute Kälte.

"Ich untersuche, wie sich quantenmechanische Vielteilchensysteme in der Nähe des absoluten Nullpunkts verhalten." Wenn man deren manchmal bizarre Reaktionen besser versteht, können Informationen schneller übertragen werden. Das wäre dann auch unter Umständen ein Schritt näher zu den Quantencomputern, die die jetzigen Rechner im Tempo um Lichtjahre übertreffen könnten.

Ob Staudinger eine Unikarriere einschlagen wird, ist für ihn allerdings noch unklar. "Theoretische Physiker sind in der Wirtschaft gefragte Leute." Der Grund: "Wir sind es gewohnt, mit ungelösten Problemen zu hantieren und schlaue Lösungen zu finden." "Out of the box"-Denken aber brauchen alle, ob bei Start-ups, im Bankwesen oder bei Handyherstellern. "Man wird sehen, wohin die Reise geht." (Norbert Regitnig-Tillian, 16.12.2018)