Pekingente mit allen Schikanen, aber auch Meeresfrüchte, Dim-Sum und, ja eh, Fantasy-Maki der durchwegs hochpreisigen Art.

Foto: Gerhard Wasserbauer

"Scallop Rice" mit Jakobsmuscheln, Garnele und Schinken, ein Gericht, das einen glatt ins New Yorker East Village versetzt.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Hohe Bogenfenster, nobler Marmorboden, in Kupfer funkelnde Lotusblätter an der Decke und ein Paar güldene Tempelwächter, die aufpassen, dass sich auch ja alle benehmen: One Night in Beijing heißt ein weitläufiges, dezidiert hochpreisiges neues Restaurant im 19. Bezirk.

Es gibt Stiegl-Pils vom Fass, großartig – dass es ausschließlich in Seidln ausgeschenkt wird, ist nur eines von vielen Anzeichen für die angepeilte Exklusivität. Die bemerkenswert umfangreiche und internationale, in Ansätzen auch zeitgemäße Weinkarte entschädigt dafür. Sogar jene, die es gern würzig, funky und auf der Maische vergoren haben.

Betreiberin Weny Sun (im Bild oben links) kommt eigentlich aus der Modebranche. Auf Geschäftsreisen in Florenz war ihr One Night in Beijing aufgefallen, ein weitläufiger, über zwei Ebenen gebauter und spektakulär gestalteter Chinese. Auch dort ist der Betreiber eigentlich aus der Bekleidungsbranche. Wer sich die Bilder auf den Bewertungsportalen ansieht, wird etliche Parallelen in der Gestaltung erkennen. Dennoch ist ein eigenständiges, mit Verve bekochtes Restaurant daraus geworden. Das merkt man spätestens, wenn die Speisen an den Tisch kommen.

Dim-Sum werden im Haus gemacht. Es gibt nur drei Varianten, die aber überzeugen mit zart abgeschmeckter, grob gehackter Fülle und elastischem Teig. Jene mit Garnele, Huhn und Jungzwiebel ist vielleicht noch eine Spur animierender als die nominell luxuriösere Version mit Hamachi, Garnele und Tintenfisch. Auch gut: die oben wie ein Sack zugedrehten "Money Bags" mit Hendl, Garnele und Knoblauchsprossen.

Suppen, ob mit Ente, Rind oder getrockneten Garnelen als Basis, sind durch die Bank empfehlenswert: leicht und doch gehaltvoll, mit zarter Hand abgeschmeckt, richtig wohltuend.

In fünf Gewürzen kurz geschmorter Bambus, eine kühle, knackige, vor Wohlgeschmack übergehende Vorspeise, kommt in einer weiten Schüssel zu Tisch, in der die Sprossen beinahe verloren wirken. Dabei ist die Portion gar nicht so klein, nur viel zu gut, als dass man nicht gleich eine zweite ordern möchte. Der Entensalat, ein paar kalte, dünne Schnitten auf allerhand knackigen Blättern, hat es im Vergleich schwer.

Maki ned

Sushi, Sashimi gibt es auch – und eine nicht zuletzt preislich erstaunliche Reihe an Fantasy-Makis noch dazu: mit Rindsfilet, Spargel (!?), Avocado und Rucola zum Beispiel, um schlappe 25,10 Euro. Oder als "Shanghai Roll" mit Königskrabbe, Lachs, Lachskaviar (zumindest laut Karte, im Gericht sucht man ihn lange), Cream Cheese und mit scharfer Mayo überzogen: Das ist zu allererst fett und geil, die teure Krabbe selbst als Konsistenz nur zu erahnen. Dafür ist der Reis gut gegart, die Körner einzeln wahrnehmbar, gerade richtig in der Balance zwischen zartem Biss und verhaltener Stärke.

Viel besser: "Scallop Rice" (siehe Bild), mit Jakobsmuscheln, Garnele und Schinken, ein Gericht, das einen glatt ins New Yorker East Village versetzt: Richtig guter gebratener Reis, mit richtig viel seidig zarter, herrlich schwüler Jakobsmuschel in saftig süßen, kaum gegarten Fetzen darin, wunderbar.

Die Pekingente steht dem um nichts nach, im Gegenteil. Sie wird nicht bei Tisch tranchiert, ist aber makellos knusprig und saftig, von vielschichtiger Würze, mit hauchzarten, frisch gedämpften Pfannküchlein zum Einrollen dazu und einer Batterie akkurat gestiftelter Gurke und Lauch. Mango in ebensolchen Stifteln hätte es gar nicht gebraucht, die köstliche Sauce ist ohnehin von berauschender, süßer Fruchtigkeit. Allein für diese zwei Gerichte zahlt sich der Weg heraus nach Nussdorf in diesem Winter aus. (Severin Corti, RONDO, 14.12.2018)