Attacke der Asseln: Haltet euer Holz fest!
Foto: Claire Steele-King und Katrin Besser, University of York

York – Holzbohrasseln sind dem Menschen bislang nur negativ aufgefallen. Den Grund verrät bereits der Name: Die bleichen, wenige Millimeter kleinen Krebstiere aus der Familie der Limnoriidae fressen Holz und können damit beträchtlichen Schaden an Bootsrümpfen und Hafenanlagen anrichten. Sie sind gewissermaßen die Termiten der Meere.

Natürlich ist es zu einfach, die Tiere als bloße Schädlinge zu betrachten. Sie haben sich ja nicht erst entwickelt, als der Mensch auf die Idee verfiel, mit hölzernen Gefährten zur See zu fahren. Ihre natürliche Nahrungsgrundlage sind die Reste von Bäumen, die durch Flüsse ins Meer gespült werden. Indem sie diese zersetzen und die enthaltenen Stoffe wieder in die Nahrungskette einbringen, erfüllen die Asseln eine wichtige ökologische Funktion. Auch wenn dieses Wissen einem Fischer, dem sie das Boot zerfressen haben, kein Trost ist.

Verdauung ohne hilfreiche Symbionten

Nun berichtet ein Team von Forschern aus Großbritannien und Brasilien im Fachmagazin "Nature Communications", dass Holzbohrasseln noch eine wichtige Rolle bei der Produktion von Biotreibstoffen spielen könnten. Der Grund ist die nur wenigen Tierarten eigene Gabe, Holz zu zersetzen, einen notorisch schwerverdaulichen Stoff. Holz enthält viel an Zuckern – allerdings sind diese begehrten Nährstoffe durch das in die pflanzlichen Zellwände eingelagerte Lignin, ein Biopolymer, vor Zugriff gut geschützt.

Holzbohrasseln können diese hinderliche Hülle der Zuckerpolymere aufbrechen. Anders als die meisten Tiere, inklusive der holzfressenden Termiten, verfügen sie allerdings über keinerlei Magen- oder Darmmikroben, die ihnen dabei helfen würden. Wegen ihres ungewöhnlich sterilen Verdauungstraktes müssen sie die ganze Arbeit selbst machen.

Blutfarbstoff spielt zentrale Rolle

Das Forscherteam um Katrin Besser hat sich nun genauer angeschaut, wie es die Asseln trotzdem schaffen, Holz zu verdauen. Es zeigte sich, dass ihrem Hämocyanin dabei die entscheidende Rolle zukommt. Hämocyanin ist ein Blutfarbstoff und das Pendant der Gliederfüßer zu unserem Hämoglobin – statt dem Eisen des Hämoglobins enthält es allerdings Kupfer, weshalb die Tiere blaues statt rotem Blut haben.

Bei ihren Untersuchungen stellten die Forscher fest, dass die Asseln Holz in winzige Stückchen zerkleinern, deren Struktur dann mit Hämocyanin aufgebrochen wird. Danach kommen sogenannte GH7-Enzyme zum Einsatz, um die enthaltenen Zuckerpolymere herauszulösen. Holzfressende Pilze verfügen über die gleichen Enzyme.

Anschließend behandelten die Forscher selbst Holz mit Hämocyanin, um zu testen, wie effektiv die Methode ist. Sie kamen auf Werte, die man bislang nur erzielen konnte, wenn man für Biotreibstoffgewinnung vorgesehenes Holz aufwendigen Vorbehandlungen unterzog. Die Assel-Methode, sofern in industriellem Maßstab anwendbar, könnte ihrer Meinung nach daher in Zukunft eine gute Alternative für die Herstellung von Treibstoffen aus einer stetig nachwachsenden Ressource sein. (jdo, 30. 12. 2018)