Schlagerikone, Parodienliebling und umstrittener Volgsgutbewahrer: Der schillernde Sänger Heino wird 80.

APA/dpa/Mangen

Was wäre Salvador Dalí ohne seinen steilen Schnurrbart? Hätten Kiss den Rockolymp je ohne Maskerade erklommen? Und wie wäre es um Udo Lindenberg gestanden, hätte er damals nicht zum Filzhut gegriffen? Wiedererkennungswert ist in der Kunst oft schon die halbe Miete.

Den Musiker Heino kennen alle. Auch jene, die ihn eigentlich nie kennen wollten: semmelblondes Haar, Sonnenbrille selbst bei Schnee und Regenwetter, ein durch Mark und Bein gehender Bariton, nietenbesetzte Kitschanzüge, deutsche bis teutonische Schlager. Für die einen ist das Punk, andere wittern Faschismus, die meisten sehen betreten zu Boden.

Jetzt ist Heino 80. Er wurde 1938 in Düsseldorf als Heinz Georg Kramm geboren. Die Sonnenbrille, sein späteres Markenzeichen, rührt von einer Krankheit her, die seine Augen hervortreten lässt. 1952 absolvierte Heino in Düsseldorf eine Bäckerlehre, auf die Bühne verschlug es ihn erstmals 1961 mit dem Trio OK Singers. Das Projekt blieb erfolglos.

malle barge
fritz5162

Der Durchbruch gelang vier Jahre später bei einem Auftritt mit seiner Gruppe Comedian Terzett auf einer Modenschau des Schlagersängers Ralf Bendix. Dieser produzierte Heino 20 Jahre lang. Die erste Platte, "Jenseits des Tales", wurde mehr als 100.000-mal verkauft.

fritz51291

Mit seinem Hit "Blau blüht der Enzian", mit dem er auch im gleichnamigen Film zu sehen und zu hören war, erreichte Heino Mitte der 1970er-Jahre seinen Karrierehöhepunkt. Regelmäßige Auftritte in Funk und Fernsehen beschleunigten die Bekanntheit des Sängers.

Musikantenstadl007

In den 1980er-Jahren wurde es ruhiger um Heino. Den schrillen Schlagervogel mit den knalligen Anzügen schien die Gegenwart einzuholen. Erst in den 1990er-Jahren fand Heino einen Ausweg aus dem Karrieretief, indem er sich stärker anderen Musikgenres zuwandte. Etwa mit Rap-Versionen früherer Lieder.

kevinwelsch

Die Rezeption Heinos bei Publikum und Kollegenschaft schwankte stets zwischen Ablehnung und ironischer Bewunderung: So outete sich der Low-Fi-Wunderknabe Beck in den 1990ern als Connaisseur des großen Blonden. Beck schmückte mit Heino seine Single "Steve Threw Up" (Steve kotzte). Ob der Inhalt des Liedes mit Heinos Abbild zusammenhing, weiß nur Beck.

beckmangroup

Der Rapper Jan Delay bezeichnete Heino 2014 als "Nazi", wogegen dieser rechtlich vorging. Man einigte sich außergerichtlich. Auf dem Album "Mit freundlichen Grüßen" hatte Heino Songs bekannter deutscher Rock- und Popbands gecovert, darunter auch Jan Delays Beginner und Rammstein. Dass sich Letztere mit Heino durchaus künstlerisch verwandt fühlen, zelebrierte man auch bei Liveauftritten. Für gemischte Reaktionen unter Fans sorgte etwa die Coverversion von "Junge" der Band Die Ärzte.

RammclubTV
SRF Musik

Schließlich wurde Heino in seiner langen Karriere selbst vielfach gecovert, parodiert und verschmäht: So trat etwa der Sänger Norbert Hähnel als "Der wahre Heino" bei den Toten Hosen auf. Der echte prozessierte 1985 mit Erfolg gegen die Auftritte des Doppelgängers.

Biotankwart2

Äußerst beliebtes Zielobjekt war Heino stets beim Komiker Otto Waalkes. In "Otto – Der Film" von 1985 verschnitt der "Außerfriesische" Heino mit Michael Jacksons "Thriller". Auch später widmete sich Otto dem Blonden gerne bei Liveauftritten.

RialtoFilm
Otto Waalkes

Der "Berliner Morgenpost" vertraute Heino anlässlich seines Achtzigers an, dass er nicht glaube, die jungen Leute würden ihn nur witzig finden: "Die finden mich geil." Im März geht Heino daher auf "Rocktournee", wie er ankündigt. Eine Abschiedstournee soll es werden, mit seinen späten Coverversionen. Dass das dann wirklich alles gewesen sein könnte, glaubt er selbst nicht: "Eigentlich muss ich mich ja noch von den Volksmusikfans verabschieden." Der Enzian wird wohl noch länger blühen. (red, 13.12.2018)