Sichtbeton, gegliederte Bauteile und skulpturartige Umsetzung sind die Elemente des Brutalismus in der Architektur. Der Stil wurde ab den 1950ern weltweit auf allen Kontinenten praktiziert. Der Ausdruck geht auf den französischen Begriff "béton brut" zurück und bedeutet "roher Beton".

Der "Atlas of Brutalist Architecture", erschienen im Phaidon-Verlag, zeigt mehr als 850 brutalistische Gebäude auf neun Kontinenten. Darunter sind bestehende und zerstörte. Beeindruckend sind vor allem die augenscheinliche Strenge und die emotionale Kraft der Bilder.

Hotel El Blok

Das oben abgebildete Hotel in Puerto Rico ist ein aktuelles Beispiel aus dem Jahr 2014 und wurde von Fuster + Architects geplant. Die Architekten ließen sich von Korallenriffen inspirieren. Anders als die meisten brutalistischen Bauten hat es keine harten Kanten und wenige gerade Linien.

Foto: Fúster + Architects

Rozzol Melara

Der Stadtteil mit sozialem Wohnbau auf einer Anhöhe im italienischen Triest wurde Anfang der 1980er-Jahre vom Architekturbüro von Carlo Celli entworfen. Zwischenzeitlich litt der Komplex unter Vandalismus und Kriminalität.

Foto: Roberto Conte

Le Corbusier war einer der wichtigsten Architekten, die sich mit dem Werkstoff Beton auseinandersetzten. Weitere bedeutsame Namen der brutalistischen Architektur des 20. Jahrhunderts sind: Marcel Breuer, Lina Bo Bardi, Carlo Scarpa, Ernő Goldfinger, Frank Lloyd Wright, Louis Kahn, Oscar Niemeyer und Paul Rudolph.

Russische Botschaft

Das von Aleksandr Rochegov entworfene Gebäude wurde 1987 in der kubanischen Hauptstadt Havanna errichtet. Es erinnert an ein Schwert, das im Boden steckt und dessen Griff in den Himmel ragt.

Foto: Carol M. Highsmith Archive/Library of Congress

In den 1990ern wurde der Brutalismus zunehmend kritisiert. In den vergangenen Jahren erlebt er jedoch eine Renaissance. Architekten wie Peter Zumthor, Alvaro Siza, Coop Himmelb(l)au, David Chipperfield, Diller and Scofidio, Herzog & de Meuron, Jean Nouvel, SANAA, OMA, Renzo Piano, Tadao Andō und Zaha Hadid beschäftig(t)en sich mit dem Thema.

Sunset Chapel

Das vom Architekturbüro BNKR Arquitectura geplante Gebäude im mexikanischen Acapulco entstand 2011. Der Anspruch der Architekten: einerseits eine Hochzeitskapelle für den freudigen ersten gemeinsamen Tag eines Ehepaares zu kreieren, andererseits einen Ort für den Abschied von geliebten Menschen zu schaffen.

Foto: Esteban Suarez

Bierpinsel

Der fast 50 Meter hohe Bau stammt aus den 1970er-Jahren und steht in Berlin. Seit 2017 steht er unter Denkmalschutz. Die Intention der Architekten Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte war es, ein Gebäude wie einen Baum zu schaffen. Die Räumlichkeiten wurden in der Vergangenheit meist gastronomisch genutzt.

Foto: Sueddeutsche Zeitung Photo/Alamy Stock Photo

St Joseph's Hospital

Das vom Architekturbüro Bertrand Goldberg Associates entworfene Krankenhaus in Tacoma, Washington, gibt es seit 1974. Der futuristische Bau scheint auf Stelzen zu stehen und wirkt fast wie Zuckerwatte am Stiel.

Das Buch zeigt, dass der Brutalismus ein internationales Phänomen mit Vergangenheit und Zukunft ist – und ein Stil, der immer polarisieren wird. Für die einen zeigen die Bilder sowohl die rohe Schönheit als auch die schöne Rohheit der Bauten. Für die anderen ist es die rohe Hässlichkeit. (adem, 29.12.2018)

Foto: Goldberg Family Archives

Atlas of Brutalist Architecture
125 Euro, 560 Seiten, Phaidon Editors 2018

Weiterlesen

Gelungene Umbauten: Ideen für das nächste Luftschloss

Architekturhistorikerin: "Ich habe Probleme mit den Neunzigern"

Wie man ein Haus um wenig Geld baut

Buchcover: Phaidon Verlag