Einige kennen das bestimmt: dieses Gefühl, dass der Boden unter einem in die Tiefe entschwindet. Der Druck der Situation legt sich schwer auf die leidgeplagte Brust und nimmt den Atem.

Die Mitmenschen rechts und links zeigen sich entweder ignorant oder schweißüberströmt. Die einen werden in Kürze zu saufen beginnen, die anderen zu schnarchen, manche auch beides in unregelmäßigen Abständen. Die Abstände, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind überhaupt alarmierend. Die Abstände sind nämlich kaum vorhanden.

Schultern, Beine, Schenkel

Wer um seine Grenzen weiß, wird sie mit großer Wahrscheinlichkeit durchbrochen erleben: von Schultern, angewinkelten Spannenlanger-Hansel-Beinen oder Nudeldicke-Dirn-Schenkeln, von in die Höhe gereckten Armen, deren Achselhöhlen noch nie – oder zumindest heute nicht – auch nur Spuren von Deodorant enthalten konnten.

Wenn man einen Blick aus dem Fenster wirft, sieht man eine Landschaft, die unangenehm abnorme Winkel zum privaten Horizontempfinden bildet, oder eine aufgepeitschte Wolkenlandschaft oder kleine spiegelnde Schlangen der Flüsse, die könnten einen in ihrer Schönheit zwar beruhigen, machen aber umso deutlicher bewusst, in welcher Höhe man sich befindet, sind also doch eher weniger nützlich.

Angst überwinden

Wie sich eventuell schon angedeutet hat: Es geht um Flugangst. Die jedes einzelne Mal zu überwinden ist, wenn mich eine Reise über weite Strecken führt.

Und kommt mir jetzt ja nicht mit dem Vergleich mit Sex. Da sind die spannenlangen Hanseln und die nudeldicken Dirnen wenigstens willkommen. (Julya Rabinowich, 14.12.2018)