An 100 Orten in Griechenland erhalten Asylsuchende Geld auf spezielle Karten überwiesen. Damit sollen ihre Eigenständigkeit und die lokale Wirtschaft gestärkt werden.


Foto: Österreichisches Rotes Kreuz

Zeltlager, in denen Flüchtlinge und Migranten leben, kennt Bernhard Helmberger eigentlich nur von seinen Einsätzen in Afrika. Der Mitarbeiter des Roten Kreuzes hat sie in den vergangenen zwei Monaten näher gesehen: In Griechenland leben Asylsuchende zum Teil noch immer in Zelten, obwohl die Temperaturen in Teilen des Landes derzeit bis auf den Gefrierpunkt fallen. "Traurig", nennt Helmberger die Zustände vor Ort.

Bereits seit Wochen warnen Hilfsorganisationen und Vertreter der Vereinten Nationen vor einer Winterkrise für Asylsuchende in Griechenland. Amnesty International spricht von mehr als 12.500 Menschen, die auf dem griechischen Festland in Zelten oder Containern leben, die nicht winterfest sind. Von der EU finanzierte Lager auf Lesbos, Samos, Chios, Kos und Leros sollen fast um das Dreifache ihrer Kapazität ausgelastet sein. In den Lagern herrschen laut Helfern unhygienische Zustände, zudem komme es immer wieder zu Gewalt.

Auch Helmberger erzählt im Gespräch mit dem STANDARD von der Desillusionierung der Menschen, sobald sie in Griechenland ankommen: "Menschen haben mir gesagt, dass sie lieber zu Hause sterben würden als in dieser Hoffnungslosigkeit zu leben." Einmal habe er eine Karte von einem Asylsuchenden gesehen, dessen Asylgespräch in vier Jahren stattfinden wird: "Das ist zwar schon eine extreme Zeitspanne, aber die Menschen warten lange."

Karte für Asylsuchende

Die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond- Gesellschaften (ICRC) versucht gemeinsam mit der US-NGO "Catholic Relief Services" und dem UN-Flüchtlingshilfswerk, den Asylsuchenden in der Zeit zumindest mehr Selbstständigkeit zu ermöglichen. Im Gegensatz zu vielen anderen Einsätzen, bei denen Sachspenden in Boxen ausgegeben werden, erhalten Betroffene eine Bankomatkarte, auf die ihnen monatlich ein Betrag überwiesen wird. Dieser variiert nach Haushaltsgröße und Bedürfnissen der Menschen. Das Geld stammt von der Europäischen Union.

Durch diese Karte können die Asylsuchenden gezielter nach ihren Bedürfnissen einkaufen und die lokale Wirtschaft unterstützen, sagt Katastrophenhelfer Wolfgang Klug vom Roten Kreuz. Auch in Österreich wurden direkte finanzielle Hilfen durch das Rote Kreuz nach den Hochwasserkatastrophen 2002 und 2012 geleistet.

Keine Onlineeinkäufe

Anspruch auf solch eine Karte haben all jene Personen, die nach 2015 in Griechenland als Asylsuchende registriert wurden. An die Nutzung des Services sind aber auch strenge Bedingungen geknüpft, sagt Helmberger: So müssten sich die Leute monatlich melden und nachweisen, dass sie noch legal im Land sind. Außerdem könnten weder Onlineeinkäufe noch Zahlungen im Ausland getätigt werden. "Bei Missbrauch wird die Karte gesperrt", sagt der Rotes-Kreuz-Mitarbeiter. Die Auflagen müssten streng sein, da es sich um Nothilfe und keine Sozialleistung handle. Im Oktober waren knapp 27.500 Karten im Umlauf. (Bianca Blei, 17.12.2018)