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Rund 8.000 Asylsuchende warten auf Zypern auf ein Urteil über ihren Status. Diese Zahl an Anträgen abzuarbeiten kann drei bis fünf Jahre dauern.

Foto: AP Photo/Petros Karadjias

Vier Leichen fand die türkische Polizei in den vergangenen Tagen an der Grenze zu Griechenland. Die Flüchtlinge aus Pakistan seien von den griechischen Behörden zurückgeschickt worden, nachdem sie nachts bei Minusgraden einen Fluss überquert hatten, hieß es. Auf dem Rückweg erfroren die Männer.

Zumindest diese Gefahr droht Flüchtlingen im milden Zypern nicht. Minusgrade erreichen die Temperaturen dort nie. Die gespaltene Mittelmeerinsel spielt eine immer wichtigere Rolle bei den Fluchtrouten im Mittelmeer.

Im griechischsprachigen Südteil der Insel, der zur Europäischen Union gehört, beantragten in den ersten acht Monaten dieses Jahres 6.000 Flüchtlinge Asyl. Das ist noch immer relativ wenig im Vergleich zur Ägäis-Route und zum Landweg über die türkisch-griechische Grenze in Thrakien.

Über die Grenze der Insel

Doch während an anderen Orten die Zahlen eher sinken, steigen sie in Zypern an – um mehr als 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan erreichen den türkischen Nordteil der Insel mit dem Flugzeug und überqueren dann die Landgrenze in den südlichen Teil der Insel, der zur EU gehört. Viele kommen auch direkt mit Booten aus dem Libanon zum griechischen Teil der Insel.

Innenminister Constantinos Petrides sagte dem britischen "Guardian": "Zypern ist voll." Es sei nicht länger möglich, noch mehr Menschen aufzunehmen, egal wie viel Geld die Insel bekomme. Schon jetzt übernachten viele Flüchtlinge in Stadtparks. Trotz Bemühungen der Regierung sei die Versorgung unzureichend, sagt Katja Saha vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Zypern: "Obdachlosigkeit bleibt ein großes Problem."

Bis zu fünf Jahre Wartezeit

Rund 8.000 Personen warten auf die Beantwortung ihrer Anträge – das kann drei bis fünf Jahre dauern. Wichtig wäre es laut Saha, die Prozedur für diejenigen zu beschleunigen, die wirklich schutzbedürftig sind. Problematisch sei auch die dortige Antiflüchtlingsstimmung: Nur rund 20 Prozent haben eine positive Einstellung gegenüber den Flüchtlingen.

Es sind dieselben Probleme wie auf den griechischen Inseln, wo der Flüchtlingsdeal mit der Türkei eigentlich für eine Entspannung der Situation gesorgt hatte. "Das größte Problem liegt momentan auf griechischer Seite", sagt Gerald Knaus, Vorsitzender der Europäischen Stabilitätsinitiative. Er gilt als Architekt des Abkommens mit der Türkei.

"Die Verfahren dauern zu lange, weshalb zurzeit auch nur etwa 25 Menschen im Monat in die Türkei zurückgeschickt werden." Da die Hotspots auf den griechischen Inseln in schlechterem Zustand sind als die Flüchtlingslager in der Türkei, hätten sie in erster Linie eine abschreckende Wirkung – mit den ethischen Standards der EU ist das schwer vereinbar.

Auf den griechischen Inseln sind die Flüchtlingslager überfüllt – und das, obwohl die Zahl der Flüchtlinge, die die griechischen Inseln auf dem Seeweg erreichen, stark gefallen ist. Bis Dezember überquerten rund 30.000 Menschen die Ägäis – auf dem Höhepunkt der Krise 2015 waren es 830.000.

Langwierige Verfahren

Menschenrechtsorganisationen beklagen regelmäßig die katastrophalen hygienischen Zustände dort. Zurück in die Türkei schicken kann Griechenland die Flüchtlinge nur, wenn sie registriert sind und über ihre Asylanträge entschieden ist. Die Verfahren ziehen sich aber über Monate und sogar Jahre hin. Andere werden – wie die erfrorenen Männer an der griechisch-türkischen Grenze – von der Grenzpolizei in die Türkei zurückgeschickt, ohne dass sie registriert wurden und ein Asylantrag gestellt werden konnte.

Auf der geteilten Insel aber gilt der Flüchtlingsdeal ohnehin nicht. Zudem kommen seit diesem Jahr immer mehr Boote direkt aus dem Libanon. Der fragile Staat beherbergt mehr als 1,5 Millionen Flüchtlinge bei vier Millionen Einwohnern – ein Abkommen wie mit der Türkei existiert nicht.

Zypern ist seit 1974 geteilt – in einen griechischen Südteil und die Türkische Republik Nordzypern, einen Staat, der allerdings nur von der Türkei als souveräner Staat anerkannt wird. Nachdem Offiziere mit Unterstützung der griechischen Militärjunta geputscht hatten, um die Insel mit Griechenland zu vereinen, hatten türkische Soldaten den Nordteil der Insel besetzt. In einer Volksabstimmung 2004 lehnte die griechische Seite eine Wiedervereinigung der Insel ab. (Philipp Mattheis aus Istanbul, 18.12.2018)