Seit wenigen Tagen offiziell keine Baustelle mehr, beschäftigt das Krankenhaus Nord nach wie vor die Abgeordneten in der Untersuchungskommission – und auch die Justiz. Die FPÖ übermittelte am Freitag eine Sachverhaltsdarstellung an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.

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Wien – Es hätte noch teurer werden können: Im Vorfeld der Sitzung der Untersuchungskommission am Dienstag berichtet die Wiener FPÖ von einem Informanten, dem zufolge der vom Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) beauftragte "Bewusstseinsforscher" Christoph Fasching 280.000 Euro verlangt haben soll. Das sagte FPÖ-Gesundheitssprecher Wolfgang Seidl dem STANDARD.

Das wären knapp 200.000 Euro mehr, als der KAV schlussendlich auch wirklich bezahlt hat. Fasching legte unter anderem einen "energetischen Schutzring" um die Baustelle, zumindest wurde er dafür engagiert.

Grenze von 100.000 Euro relevant

Dass es nicht die 280.000 Euro, sondern 95.000 Euro wurden, dürfte kein Zufall sein. Denn Aufträge unter 100.000 Euro müssen nicht ausgeschrieben werden, sondern werden direkt vergeben. So war es im Falle des Energetikers auch möglich, dass weder KAV-Chef Herwig Wetzlinger noch die damalige Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) Bescheid wussten. Der Stadträtin wurde die Affäre dennoch zum Verhängnis, und sie trat wenige Wochen später zurück. Frauenberger ist am Dienstag als Zeugin vor die Untersuchungskommission geladen.

Mehrere Zeugen zur Energetiker-Causa

Jene beiden Personen, die im November 2017 den Esoterik-Auftrag erteilten, sind am Dienstag ebenfalls geladen. Susanne Lettner und Wolfgang Strenn wurden nach Bekanntwerden des Engagements suspendiert. Freigestellt wurde in der Angelegenheit auch Sylvia Schwarz, die ehemalige ärztliche Leiterin des Krankenhauses Nord. Sie war bereits in der letzten Sitzung der Untersuchungskommission geladen. Zur Aufklärung konnte sie allerdings nicht beitragen, da sie aufgrund von strafrechtlichen Ermittlungen gegen sie von ihrem Recht gebraucht machte, sich zu entschlagen.

Ob zum Thema Energetiker-Auftrag weitere Infos öffentlich werden, hängt aber auch davon ab, ob der Beauftragte selbst aussagen wird. Es gibt allerdings weder eine Zu- noch eine Absage. Fasching hätte bereits am 4. Dezember aussagen sollen, war aber kurz zuvor erkrankt.

Justiz soll neuen Sachverhalt prüfen

Neue Entwicklungen gibt es hingegen bei einem anderen Teilaspekt des Großprojekts: Nachdem die Abgeordneten der Kommission bereits einmal nach Zeugenaussagen eine Sachverhaltsdarstellung an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) weitergeleitet hatten und aktuell zwei Vorhabensberichte zum Krankenhaus Nord bei der Oberstaatsanwaltschaft Wien geprüft werden – es werden Ermittlungen gegen zehn Personen geprüft –, wurde nun die Wiener FPÖ aktiv. Am Freitag ersuchte sie um strafrechtliche Überprüfung der Handlungen der ehemaligen Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) und des ehemaligen Finanzdirektors der Stadt.

Der Hintergrund: Zur Finanzierung des Baus beantragte die Stadt im Sommer 2010 ein Darlehen in der Höhe von 300 Millionen Euro bei der Europäischen Investitionsbank. Die erste Tranche wurde im Oktober abgerufen – die zweite und die dritte wären für 2012 und 2013 geplant gewesen.

Vorzeitige Abrufung des Darlehens

Es kam anders, und der Restbetrag von 225 Millionen Euro wurde bereits Anfang 2011 abgerufen. Grund dafür war eine Änderung der "Auslegungsregeln des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen", wonach Fremdmittelaufnahmen im Bereich der öffentlich geführten Krankenanstalten nicht mehr dem Sektor Privat zugerechnet werden, sondern den Schuldenstand des öffentlichen Sektors belasten. Das wollte die Stadt Wien vermeiden.

Kritik an dieser vorzeitigen Auszahlung ist nicht neu. Auch der Rechnungshof schrieb in der Prüfung des Großprojekts, dass dadurch ein zusätzlicher Zinsaufwand von mindestens 30 Millionen Euro entstand.

Brauner: "That's it"

Brauner äußerte sich zu diesem Vorwurf bereits in der Untersuchungskommission. "Mir ist seitens der Finanz dieser vorzeitige Abruf so vorgeschlagen worden und mit den bevorstehenden Änderungen begründet worden. That's it, und so war's."

Die FPÖ setzt nun aber auch an einem anderen Punkt an. Die vorzeitig abgerufenen Millionen seien demnach zweckwidrig verwendet worden. Die Kredittranche sei nicht für das Projekt Krankenhaus Nord abgerufen worden, "sondern zur vermeintlichen Vermeidung einer Bonitätsherabstufung", heißt es in der Sachverhaltsdarstellung. Außerdem seien Zielsetzungen des Cash-Managements der Stadt verletzt worden. Die WKStA solle in Richtung Untreue und Betrug prüfen.

Wer jene zehn Personen sind, gegen die momentan Ermittlungsschritte geprüft werden, könnte laut Seidl eventuell bald bekannt werden. Weil die Untersuchungskommission eine Behörde sei hoffe man, dass die Staatsanwaltschaft Informationen liefert. "Morgen wird es einen Beweisantrag dazu geben." (Lara Hagen, 17.12.2018)