Bildung ist einer der zentralen Ansatzpunkte für eine Unterstützung afrikanischer Staaten.

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Es ist der letzte Höhepunkt des aktuellen österreichischen EU-Ratsvorsitzes, und er steht politisch unter keinem guten Stern. Zwar sind heute, Dienstag, etliche Vizepräsidenten und Präsidenten der bevölkerungsreichsten afrikanischen Staaten beim EU-Afrika-Forum, aber schon im Vorfeld wurde gemunkelt, dass Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi nur gekommen sei, weil ihm eine Million Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds zugesagt wurde.

Das US-Magazin "Politico" zitiert in seiner Europaausgabe mehrere EU-Diplomaten, die Wien nachsagten, "nicht gerade der ehrlichste Makler" in Sachen Migration zu sein. Tenor: Vor allem der Ausstieg aus dem UN-Migrationspakt auf den letzten Metern sei Grund dafür, dass EU-Staaten wie Spanien, Frankreich und Deutschland zum Forum nur Stellvertreter schicken würden. Im Bundeskanzleramt betont man, dass das Treffen nie als formeller Gipfel im Rahmen der EU-Afrika-Strategie gedacht war. Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk nehme deswegen nicht an dem Forum teil.

Neue Partnerschaft nötig

Was auch immer Österreichs Intention für das EU-Afrika-Forum war: Fakt ist, dass die Partnerschaft der EU mit Afrika auf neue Beine gestellt werden muss. Denn die alten Konzepte waren bisher nicht nachhaltig. "Hilfe vor Ort", seit den Fünfzigerjahren die Aufgabe der Entwicklungszusammenarbeit, hat zwar punktuell Menschen bessere Lebensbedingungen gebracht, war aber über die Jahrzehnte nicht der entscheidende Faktor für die Wirtschaftsentwicklung. Und es hat die Migration nicht verringert. Im Gegenteil. Die Theorie ist vielmehr, dass mit Zunahme einer Art Mittelschicht in afrikanischen Ländern die Mobilität eher steigt als sinkt.

Verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit im Privatsektor gilt dieser Tage als neues Zauberwort in der Entwicklung. Länder wie Frankreich und Deutschland haben mit Privatinvestitionen, die in vorbildliche Länder fließen, gute Erfahrungen gemacht. Aber die EU bleibt langfristig belastbare politischen Rahmenbedingungen schuldig. Aktuelle Freihandelsabkommen wie die Europäischen Partnerschaftsabkommen (EPA, ein wichtiger Pfeiler im Cotonou-Abkommen) sind höchst umstritten, wurden längst nicht von allen Staaten unterzeichnet und verbinden außerdem zutiefst asymmetrische Märkte. In ihrer derzeitigen Form zwingen sie die afrikanischen Vertragspartner oft in die Rolle reiner Rohstoffexporteure und zerstören vielerorts die Marktchancen von lokalen Produkten wegen billiger Importe aus Europa.

Kaum Zugang zum europäischen Markt

Umgekehrt ist der Zugang zum europäischen Markt schon deshalb oft nur theoretisch, weil afrikanische Unternehmer an den hohen EU-Standards scheitern. Vor allem ärmere Länder sind die Leidtragenden. Die Schere zwischen prosperierenden Staaten wie Ruanda oder Äthiopien, in denen EU-Unternehmen gern und erfolgreich investieren, und verarmenden Staaten geht auseinander. Diese "Divergenz", warnt die Mo-Ibrahim-Stiftung, könnte zu neuen Spannungen führen.

Die gesamte Problematik soll nun in einem Nachfolgeabkommen des Cotonou-Deals thematisiert werden, der 2020 ausläuft. Die Verhandlungen kommen aber kaum vom Fleck. Damit bahnt sich ab 2021 ein Handelschaos an, während andere große Player wie China über klare Strategien und Investitionspläne verfügen. Die Dringlichkeit einer gebündelten EU-Strategie wird auch in dieser Hinsicht immer deutlicher. Eine Aufgabe für einen noch zu installierenden EU-Afrika-Kommissar, schlägt beispielsweise EU-Parlamentarier Othmar Karas vor.

Bildung als zentraler Faktor

Zentral in einer nachhaltigen Strategie auf dem schnell wachsenden Kontinent ist der Faktor Bildung und Wissenstransfer, betont auch der Ex-Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung, Karl Aiginger. Vor allem mit Fachausbildung und bei Innovationen könnte Europa in afrikanischen Staaten einen entscheidenden Beitrag leisten. Afrika müsse allerdings die verfügbaren Modelle und Technologien nach den eigenen Gegebenheiten adaptieren und weiterentwickeln – wie einst China. Ein Ansatz, der nicht ohne Möglichkeiten der legalen Migration nach Europa auskommen kann. (Manuela Honsig-Erlenburg, 18.12.2018)