Künstlerische Rekonstruktion eines der beiden neu entdeckten Flugsaurier.
Illustration: Yuan Zhang/Nature Ecology & Evolution

London/Wien – Flugsaurier waren die ersten Wirbeltiere, die in der Lage waren, aktiv zu fliegen. Die ausgestorbenen Reptilien, die wissenschaftlich Pterosaurier genannt werden, existierten etwa gleichzeitig mit den Dinosauriern, ihre ersten Spuren finden sich vor rund 230 Millionen Jahren. Vor 66 Millionen Jahren starben sie zeitgleich mit den Dinosauriern aus. In der Zeit dazwischen lebte unter anderem der Quetzalcoatlus, der eine Spannweite von bis zu zwölf Metern erreicht haben dürfte und damit das größte flugfähige Tier aller Zeiten war.

Seit einiger Zeit gehen Paläobiologen davon aus, dass Flugsaurier nicht nur tragflächenartige Flughäute besaßen, sondern auch eine Art pelzige Hülle aus sogenannten Pyknofasern. Bis jetzt nahm die Wissenschaft an, dass sich diese Fasern von jenen Federn unterschieden, die zuerst die Haut der Dinosaurier und dann die der Vögel bedeckten.

Funde im Norden Chinas

Ein spektakulärer Fund zweier Flugsaurierfossilien in der Inneren Mongolei widerlegt nun allerdings alle bisherigen Annahmen über Pyknofasern und die evolutionären Anfänge der Federn, wie das internationale Forscherteam um Baoyu Jiang (Universität Nanjing in China) im Fachblatt "Nature Ecology & Evolution" schreibt. Die Wissenschafter entdeckten in den sogenannten Daohugou-Schichten die versteinerten Überbleibsel von zwei Pterosauriern, die vor 160 bis 165 Millionen Jahren im heutigen China lebten.

Die Daohugou-Schichten im Norden Chinas sind bekannt für ihre besonders gut erhaltenen Versteinerungen von Dinosauriern, Flugsauriern, Salamandern und Insekten. Auch die beiden neuen Fossilien waren exzellent konserviert. Bei den Analysen der neu entdeckten Flugsaurierreste mittels mikroskopischer und spektroskopischer Bildgebungsverfahren machten Baoyu Jiang und seine Kollegen aus China, England und Irland mehrere aufregende Entdeckungen.

Vier Arten von "Federn"

Die hochauflösenden Aufnahmen machten nämlich ersichtlich, dass diese Art von Flugsauriern mindestens vier verschiedene Arten von Fell- beziehungsweise Federstrukturen besaß: einfache Filamente, also etwas Ähnliches wie Haare, Filamentenbündel, Filamente mit Büscheln und "echte" Daunenfedern. Laut den Forschern dürften die Federn eine wichtige Rolle bei der Wärmeregulierung, der Sensorik und der Aerodynamik gespielt haben.

Die bestens erhaltenen Abdrücke des Flugsauriers und die vier ermittelten Federstrukturen.
Foto: Baoyu Jiang, Michael Benton et al./Nature Ecology & Evolution 2018
Die vier Arten von "Federn" im Vergleich.
Illustration: Baoyu Jiang, Michael Benton et al./Nature Ecology & Evolution 2018

Coautorin Maria McNamara (Uni Cork) weist in ihrem Kommentar zur Studie darauf hin, dass die untersuchten Strukturen zweifelsfrei alle Merkmale echter Federn aufwiesen: "Sie zeigen sogar feine Details von Melanosomen, die den flauschigen Federn eine bräunliche Farbe gegeben haben könnten." Das bestätigt auch Mike Benton (Uni Bristol), der ebenfalls an der Untersuchung beteiligt war.

Haare und Federn zur Isolation

Laut Benton konnten keinerlei anatomische Hinweise darauf gefunden werden, dass sich die vier Pyknofasertypen in irgendeiner Weise von den Federn von Vögeln und Dinosauriern unterschieden. "Deshalb müssen sie einen gemeinsamen evolutionären Ursprung haben, und das war vor etwa 250 Millionen Jahren, also lange vor der Geburt der Vögel." Sollte diese Annahme stimmen, würde das die Entstehungsgeschichte der Federn um 70 Millionen Jahre vorverlegen.

Das war just jene Zeit, in der sich das Leben gerade vom größten Massenaussterben der Erdgeschichte vor 252 Millionen Jahren erholte, der sogenannten Perm-Trias-Grenze. Die damaligen Wirbeltiere – also die Vorläufer der Dinosaurier und der Säugetiere – entwickelten damals erste Formen von Warmblütigkeit und lebten insgesamt "schneller", wie Mike Benton erklärt. Sowohl die frühen Haare bei den Säugetiervorfahren wie die frühen Federn der Dinosaurier und der Pterosaurier dürften daher nicht zuletzt auch deshalb entstanden sein, um die Körper der Tiere warm zu halten. (Klaus Taschwer, 17.12.2018)