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Die auf dem Georgenberg thronende Wotrubakirche wurde mit einem Lift versehen: Erika Pieler entschied gegen ein Gutachten internationaler Experten und für gläserne Zubauten.

Foto: Michael Fritscher / picturedesk.com

Als Kulturminister Gernot Blümel jüngst Erika Pieler zur neuen Leiterin des Bundesdenkmalamtes (BDA) ab 1. Jänner 2019 ernannte, streute er seiner Wahl Rosen. Die "ausgewiesene Expertin mit umfangreicher Erfahrung und Begeisterung für den Denkmalschutz" würde die Behörde "mit neuem Schwung an die Bedürfnisse des 21. Jahrhunderts" anpassen. Die Designierte, eine studierte Archäologin und Juristin, war ihrerseits erfreut, sich dem Denkmalschutz nun "in seinem vollen Umfang zu widmen".

Wirtschaftliche Interessen

Manche mögen diese Aussagen als Warnung auffassen, andere reiben sich vielleicht schon die Hände. Denn wenn es um materielles kulturelles Erbe geht, kollidiert dessen Schutz immer wieder mit wirtschaftlichen Interessen: etwa von privaten Haus- oder Kunstbesitzern, vom Kunsthandel oder auch von Immobilienentwicklern.

Insofern birgt die Bestellungskommission, die sich klar für die 41-Jährige aussprach, eine kleine Überraschung. Neben dem zuständigen Sektionschef oder Gewerkschaftsmitgliedern waren zu einer fachlichen Beurteilung zwei Mitglieder mit beratender Stimme nominiert worden: der ehemalige Salzburger Landeskonservator Ronald Gobiet sowie Martin Böhm, ehrenamtlich als Vorstand der Denkmalfreunde aktiv und hauptberuflich Geschäftsführer des Dorotheums.

Naturgemäß hegen Auktionshäuser, zu deren Kerngeschäft der Handel mit beweglichen Kulturgütern gehört, im Hinblick auf Ausfuhrverfahren oder drohende Unterschutzstellungen Sympathien für eine moderate Auslegung zugehöriger Bestimmungen. Eine Vorliebe, die wohl auch jene Immobilienentwickler teilen, die am Dorotheum beteiligt sind: Erwin und Hanno Soravia sowie Michael Tojner (Wertinvest). Klienten des BDA in das Auswahlverfahren seiner neuen Präsidentin zu involvieren zeugt von wenig Sensibilität für potenzielle Interessenkonflikte.

Bislang konnte Erika Pieler als Richterin am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) seit 2014 mit Unabhängigkeit punkten. Zuletzt landeten hauptsächlich Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl auf ihrem Tisch. Neben anderen zwei Richtern war sie aber auch für Denkmalfragen zuständig. Eine "Pieler"-Abfrage im Rechtsinformationssystem des Bundes liefert insgesamt 354 Urteile, 68 davon betreffen das Denkmalschutzgesetz (DMSG).

Umstrittener Liftzubau

Sie geben bedingt, aber doch Aufschluss über ihre Sichtweise von Kulturgüterschutz. Etwa wenn es um Verfahren geht, die Veränderungen eines Denkmals betreffen. Solche häufen sich, weshalb Fachgutachten bei einer Abwägung zunehmend von Relevanz sind. Genau solche schlug die Richterin bisweilen in den Wind. Prominentestes Beispiel: die nach einem Entwurf von Fritz Wotruba 1974-1976 erbaute Kirche. Eine Ikone des Brutalismus und laut Experten der international wichtigste Kirchenbau des 20. Jahrhunderts. Die Lage der Kirche zur Heiligsten Dreifaltigkeit auf einer Hügelkuppe schmälerte aus Sicht der Kirchengemeinde ihre Nutzbarkeit.

Abhilfe sollte der Zubau einer Liftanlage schaffen. 2014 erteilte das BDA unter Auflagen eine mündliche Bewilligung, gegen die der einstige Architekt und auch der Kunstsenat Einspruch erhoben. Das BDA und die Erzdiözese einigten sich auf die gemeinsame Beauftragung eines Gutachtens, das eindeutig ausfiel: Es empfahl, dringend von diesem Projekt Abstand zu nehmen und Alternativen zu suchen.

In der Folge erteilte das BDA einen negativen Bescheid, gegen den die Erzdiözese vorging. Die Causa landete auf Pielers Schreibtisch, die im September 2017 zugunsten der barrierefreien Erschließung sowie Erweiterung der Kirche entscheidet. Ein Urteil, das sowohl in der internationalen Fachwelt als auch beim Denkmalbeirat bis heute für Kopfschütteln sorgt. (Olga Kronsteiner, 18.12.2018)