Free-to-Play, Mikrotransaktionen, nervige Werbung und täglich ein neuer Schwall billigst gemachter nerviger Schrottspiele: Das schlechte Image, das Mobile-Games auf Smartphone und Tablets haben, besteht nicht ganz zu Unrecht. Dabei geht fast unter, dass längst zahllose "normale" Spiele vor allem, aber nicht nur aus der Indie-Welt auf die kleinen Bildschirme wandern – von den alles überschattenden Mobile-Portierungen von Bestsellern wie Stardew Valley, Civilization VI und natürlich Fortnite ganz zu schweigen.

Daneben existieren aber auch immer noch jede Menge lohnenswerter Games, die vorzeigen, dass die kleinen Spielgeräte auch Hochqualitatives zu bieten haben. WIr haben für Sie zehn bemerkenswerte Titel des vergangenen Jahres herausgepickt, die den Kauf zum kleinen Preis absolut lohnen. Nach wie vor bevorzugen viele Entwickler Apples iOS für den Launch ihrer Spiele, meist folgt aber später eine Android-Version.

"Donut County"

Ritter, Soldaten, Zauberer und alles Mögliche andere hat man in Spielen schon mal verkörpert, hier ist man originellerweise – ein Loch im Boden. Allerdings kein gewöhnliches, sondern ein bewegliches, das wächst, wenn Dinge physikalisch korrekt hineinpurzeln: Voilà, fertig ist eine der amüsantesten Spielideen des vergangenen Jahres.

Das hinreißend illustrierte und vor allem hervorragend mit einem tollen Soundtrack vertonte Spiel bietet nicht nur slapstickhafte simple Puzzles, sondern auch eine schnoddrig erzählte bizarre Geschichte um Waschbären und eine Beinahe-Apokalypse. Zentral bleibt aber das unerklärlich befriedigende Gefühl, immer größer werdende Gegenstände, Personen und schließlich sogar Gebäude und Berge hübsch animiert im Erdboden zu versenken.

Erhältlich für iOS um 5,50 Euro, außerdem für Windows, Mac, PS4 ab 12 Euro. Android in Vorbereitung.

PlayStation

"Pocket City"

Wenn man schon nicht mit den originellsten neuen Spielideen aufwarten kann, sollte man wenigstens beherzt und in guter Absicht von den ganz Großen fladern, und genau das macht Pocket City: Wer immer schon ein SimCity für mobile Plattformen wollte, ist hier genau richtig. Vor allem Freunde der früheren, grafisch und spielerisch noch etwas weniger komplexen Versionen des Aufbauspielklassikers finden sich hier sofort zurecht und planen, bauen und gestalten in kürzester Zeit ihre Traumstädte auf dem ganz kleinen Bildschirm.

Free-to-Play-Nervereien wie endlose Wartezeiten auf Fertigstellung von Gebäuden oder Ähnliches gibt’s hier im Gegensatz zu der Heerschar kostenloser anderer Klone erfreulicherweise auch nicht – und wer sich das Ganze erst einmal in Ruhe ansehen will, darf eine kostenlose Testversion Probe spielen. Ein trügerisch simpler City-Builder, der einfach Spaß macht.

Erhältlich für iOS und Android, 5 Euro.

Pocket City Game

"Reigns: Game of Thrones"

Die Reigns-Reihe ist schon ein fixer Kandidat für die Mobile-Jahresbestenliste, ihren dritten Eintrag darf man aber durchaus spektakulär nennen: Ausgerechnet das spaßige Mobile-Strategiespiel mit den von Tinder bekannten Nach-links-oder-rechts-Entscheidungen darf sich als bisher gelungenste aktuelle Games-Umsetzung der Hit-TV-Serie "Game of Thrones" bezeichnen.

Während man in den früheren Teilen der Serie eine ganze Ahnenreihe unzähliger Herrscher verkörperte, ist man diesmal stattdessen wieder und wieder in den Rollen von bekannten Hauptfiguren der Serie, von Arya über Cersei bis hin zu Tyrion, am Zug – immerhin, so die Rahmenhandlung, spielt sich das endlose "Was wäre wenn?" ja nur als Vision der roten Priesterin Melisandre ab. Gestorben wird häufig, doch der regelmäßige Neustart gehört ebenso zum Konzept wie die simple Cartoongrafik und eine gehörige Portion tiefschwarzen Humors.

Wie im Test gesagt: "Ein überaus motivierendes, abwechslungsreiches Choose-your-own-adventure-Unikat, das mit viel Liebe zu seinem Material und großem Humor für Unterhaltung sorgt."

Erhältlich für iOS und Android, um 4 Euro.

DevolverDigital

"Euclidian Skies"

Wer sagt, dass sich stylisches Design und clevere, komplexe Rätselmechaniken nicht vertragen, hat noch kein Spiel der Euclidean-Reihe gesehen. In denen dreht man kleine Fantasy-Welten so lange wie einen Rubik’s Würfel um alle Achsen, bis sich die Kriegerin unbeschadet an ihr Ziel bewegt hat – und dafür braucht es nicht nur räumliches Denken, sondern auch einiges an Strategie.

Das Gameplay der GO-Reihe (Lara Croft GO, Hitman GO etc.), in der man rundenweise allerlei Hindernisse überwindet, verbindet sich auch in Euclidean Skies mit den räumlichen Puzzles des Klassikers Monument Valley. "Euclidean Skies ist ein höchst gelungenes Puzzlespiel, das mit einem innovativen und fordernden Konzept lockt und das Erlebnis mit gelungenem Design abrundet", so das Fazit des Tests.

Erhältlich für iOS ab 11.0, um 5,49 Euro.

kunabi brother

"Holedown"

Auf den ersten Blick sieht das neue Spiel des schwedischen Einmannstudios Grapefrukt nach wenig aus, doch wehe, wenn man ihm nach kurzer Spielzeit erst einmal verfallen ist. Die geniale Mischung aus Arkanoid/Breakout, Flipper und Peggle ist ebenso simpel wie süchtig machend. Von oben Rand schießt man eine per Upgrades wachsende Zahl von Bällen nach unten auf Blöcke, die sich nach einer fixen Berührungszahl auflösen.

Erreichen die Blöcke den oberen Rand, ist wie bei Tetris Schluss. Ein motivierendes Upgradesystem und steigende Herausforderungen sorgen dafür, dass man lange Stunden an dieses unscheinbare Spiel gefesselt bleibt. Ein Mobile-Spiel, wie es sein soll – für die Wartezeit auf den Bus ebenso empfehlenswert wie für überraschend endlose Partien abends "noch schnell vor dem Schlafengehen".

Erhältlich für iOS und Android, ab 4 Euro

AppCentral

"The Room: Old Sins"

Die Puzzle-Serie The Room ist ein alter Bekannter, auch Teil vier mit dem Untertitel Old Sins verknüpft eine düstere Mystery-Story mit originellen mechanischen und logischen Rätseln, die sich gewohnt haptisch durch Berühren und Manipulieren des Touchscreens lösen lassen.

Kenner der Reihe freuen sich über neue, wieder originell geratene Rätsel, doch auch Anfänger müssen sich nicht vor Blockaden fürchten: Dank stufenweisem Hint-System wird man auch bei allzu schweren Kopfnüssen nicht allein gelassen. Atmosphärisch und spielmechanisch gewohnt souverän, ist auch dieses Rätselpuppenhaus eine rundum empfehlenswerte Puzzle-Box mit sanftem Gruselfaktor geworden.

Verfügbar für iOS und Android, um 5,50 Euro

FireproofGames

"Homo Machina"

Der deutsch-französische TV-Sender arte versucht sich seit einiger Zeit überaus charmant auch als Publisher interessanter Spiele, und Homo Machina wird den Ansprüchen des Kulturfernsehens durchaus gerecht: Im schönen Illustrationsstil ist man hier in einer Reihe ganz unterschiedlicher Rätselspiele emsig damit beschäftigt, das Werk "menschlicher Körper" am Laufen zu halten – wer sich an Woody Allen als Spermium oder Otto Waalkes berüchtigtes "Großhirn an Kleinhirn" erinnert, weiß, wie das ungefähr funktioniert.

In der komplexen Maschine des menschlichen Körpers greift man fleißigen Bürokraten und Arbeitern bei Bewegungs-, Verdauungs- und sonstigen Vorgängen möglichst effizient unter die Arme – sympathisch, humorvoll und durchaus abwechslungsreich.

Erhältlich für iOS und Android, 3,50 Euro

GameTrailers

"Minesweeper Genius"

Den Desktop-Klassiker Minesweeper kennt vermutlich fast jede(r), mit Minesweeper Genius kehrt eine für Mobile adaptierte, hübsch gestaltete und witzige Variante zurück. Clou der Mobile-Version des unzerstörbaren Grundprinzip ist, dass hier ein kleiner Cartoon-Minenräumer über das verminte Spielfeld Richtung Ausgang bewegt werden will; dank spezieller Felder wird die Logiktüftelei noch erweitert. Eine moderne Variante von Minesweeper, die nicht nur dem im Vergleich megaspröden Original verfallenen Spielerinnen und Spielern die Langeweile bei kurzen und langen Wartezeiten aufs Entspannendste vertreibt.

Erhältlich für iOS und Android, 2 Euro

App Preview

"Alto's Odyssey"

Endless Runner sind ein bisschen das Fastfood der Mobile-Spielewelt, doch auch hier gibt’s die Deluxe-Ableger, die irgendwie auch mit "richtigem" Essen mithalten können. Alto’s Odyssey ist der Nachfolger des erfolgreichen Alto’s Journey, und es bleibt dessen Grundrezept treu: Hier verbinden sich entspannte bis herausfordernde Endlos-Abfahrten am Snowboard mit spektakulär hübscher und atmosphärischer Grafik samt atmosphärischer Musik, coolen Wettereffekten und liebevollen Details zum wohl gelungensten Genrevertreter des Jahres.

Statt in den verschneiten Anden ist man nun mit einem Sandboard auf Wüstenhügeln unterwegs und darf auch an Wänden skaten. Unterschiedliche freischaltbare Charaktere, ein Fotomodus sowie der wiederkehrende Zen-Modus, der ganz ohne Score und Game Over auskommt, machen Alto’s Odyssey zur hübschesten Abfahrt abseits realer Pisten.

Verfügbar für iOS und Android, um 5 Euro.

Alto's Adventure

"Florence"

Ein besonderes Spiel zum Schluss: Einer der Schöpfer des Kulthits Monument Valley wandelt mit Florence zwar auf völlig anderen Spuren als das Puzzle-Spiel, bleibt aber auf seine Weise auch auf ebenso sympathische Weise im Gedächtnis. Im Grunde ist Florence, das die eigentlich unspektakuläre Geschichte einer ganz normalen Beziehung erzählt, "nur" eine Visual Novel, in der Minispiele die Erzählung spielmechanisch unterstützen.

Vom Zähneputzen übers Kennenlernen einer neuen Liebe bis hin zum Zusammenziehen und Beziehungskrisen zeigt Florence, dass auch der banale Alltag Material für ein herzerwärmendes erzählerisches Experiment bietet. Kurz, aber grundsympathisch – und ganz anders.

Verfügbar für iOS und Android um 2,99 Euro.

Annapurna Interactive

Unsere Leser sind gefragt!

Haben Sie 2018 neue oder auch ältere bemerkenswerte Mobile-Games entdeckt, die Sie der Leserschaft nicht vorenthalten wollen? (Rainer Sigl, 25.12.2018)

DER STANDARD