Wiener Neustadt – Archäologen haben in Wiener Neustadt bei der Restaurierung der Kasematten für die niederösterreichische Landesausstellung 2019 große Teile einer Zwingermauer freigelegt. Mit Kasematten bezeichnet man im frühen Festungsbau für die Verteidigung angelegte Gewölbe. Das Bauwerk war ab dem 13. Jahrhundert der Stadtmauer als weiterer Schutz vorgelagert. Zudem wird einer der Ecktürme der Stadtmauer revitalisiert und begehbar gemacht, wie am Dienstag mitgeteilt wurde.

"Wir waren uns bewusst, dass die Kasematten eine bauhistorisch sehr wertvolle Anlage sind. Die Dimension und die Einzigartigkeit unserer Stadtbefestigung haben aber erst die Archäologinnen und Archäologen während der letzten Monate im wahrsten Sinne des Wortes zutage gebracht", erklärte Baustadtrat Franz Dinhobl. Es seien nun alle einzelnen Epochen des Baus der Kasematten, aber auch der gesamten Stadtmauer nachvollziehbar und auch für Laien erkennbar. Aufgrund einer Förderung des Bundeskanzleramtes können "Teile dieser europaweit einzigartigen Schätze nun für die Nachwelt erhalten und gezeigt werden".

Sichtbar gemachte Entstehungsgeschichte

Die aus der Zeit der Stadtgründung im späten zwölften Jahrhundert stammende Stadtmauer mit einem der vier Ecktürme ist im betreffenden Bereich sowohl in ihrer ursprünglichen Substanz als auch mit den Aufzonungen aus dem zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts, aus dem späten 15. sowie aus der Mitte des 16. Jahrhunderts erhalten. Damit zeige die Stadtmauer in diesem Abschnitt auf engstem Raum ihre komplexe Entstehungsgeschichte.

Als einzigartig wurde vor allem die Tatsache bezeichnet, dass vor der südwestlichen Stadtmauer auch noch die Zwingermauer mit Zinnenabschluss aus dem frühen 13. Jahrhundert steht – "ein bedeutendes Dokument einer der frühesten Zwingerbefestigungen im deutschsprachigen Raum". 1551 entstanden die heute noch vorhandenen Reste der vor die Stadtmauer gestellten Bastion, bestehend aus einem Geschützhof zum Bestreichen der Mauer, aus der geböschten Flankenmauer der Bastion und dem Ansatz der geböschten Front. In der Stadtmauer sind die vermauerten Portale auf die Bastei und in den Geschützhof erhalten.

Erlebbares Bastionärsystem

"Durch die Freistellung dieser Bauelemente kann das renaissancezeitliche Bastionärsystem, das in Wiener Neustadt nach dem Vorbild Wiens konzipiert wurde, von dem in Wien jedoch keine derartigen Bauteile mehr erhalten sind, österreichweit einzigartig erleb- und nachvollziehbar gemacht werden", wurde mitgeteilt. In Kombination mit der dahinter befindlichen Strada Coperta und den drei Röhren der Kasematten könne für Besucher die Funktionsweise einer Bastion vollständig veranschaulicht werden. (APA, red, 19.12.2018)