Ralf Muhr: "Es fehlt etwas, wenn der gegnerische Verein nicht unterstützt wird."

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Wien – Ralf Muhr ist etwas grantig. Und das ist doch eine kleine Überraschung. Schließlich ist er seit dieser Saison Sportdirektor der Wiener Austria, und die konnte am Sonntag mit einem 6:1-Erfolg über Rapid den höchsten Derbysieg in der Geschichte der Bundesliga feiern. Als der 48-Jährige am Montag zum Frühstück seine Zeitungen aufschlug, bekam er von diesem historischen Erfolg kaum etwas zu lesen. Stattdessen: Schneebälle, Polizeiaktionen, eingekesselte Fans. Fußball? Nebensache. "Das ist höchst ärgerlich. Das Sportliche sollte nach einem Match im Fokus stehen und nicht das Fehlverhalten einiger Fans", sagt Muhr zum STANDARD.

Belastende Videos

Wer sich nun am Sonntag alles falsch verhalten hat, wird nach wie vor diskutiert. Videoaufnahmen der Polizei belegen, dass Rapid-Fans auf dem Weg zur Generali-Arena Schneebälle auf die befahrene A23 warfen. 1338 Personen wurden daraufhin über mehrere Stunden angehalten. Rapid-Präsident Michael Krammer sprach von einem "skandalösen Vorgehen. Sie wurden wie Tiere zusammengepfercht. Der Einsatz war nicht verhältnismäßig."

Rückendeckung bekam die Exekutive am Dienstag vom freiheitlichen Nationalratsabgeordneten Werner Herbert, der auch als Vorsitzender der FPÖ-nahen Polizeigewerkschaft AUF fungiert: "Ein großer Teil der Fans hat es verweigert, sich auszuweisen, und versteckte sich lieber hinter Frauen und Kindern. Aus diesem Grund war das Einschreiten der Polizei auch wegen der Sicherheit auf der A23 gerechtfertigt."

Die SPÖ wiederum stellt Donnerstag eine dringliche Anfrage an Innenminister Herbert Kickl. Es gebe "kein klares, sondern ein äußerst widersprüchliches Bild der Vorgänge". Es sei "an der Zeit, die Öffentlichkeit vollinhaltlich über die Vorfälle zu informieren".

Die eingekesselten Rapid-Fans standen sich jedenfalls die Füße platt und verpassten die Schmach ihrer Mannschaft. "Schade", sagt Muhr, "der Sektor wäre voll gewesen. Es fehlt etwas, wenn der gegnerische Verein nicht unterstützt wird. Aber es waren ja einige Auswärtsfans auf den Längstribünen, die haben den anderen sicher erzählt, wie es ausgegangen ist."

Was passieren kann, wenn man Austria- und Rapid-Fans nicht voneinander trennt, konnte man während des Derbys auf der Nordtribüne beobachten. Dort kam es nach dem Ausgleich für Rapid zu Handgreiflichkeiten.

Getrennte Wege

Um derlei Scharmützel vor den Spielen zu vermeiden, müssen die rivalisierenden Fans getrennt zum Stadion gehen. Die Route der Gäste wird laut Austria von der Exekutive festgelegt, sie sei seit 2008 unverändert und gelte für alle Vereine. Ein einziges Mal, und zwar beim ersten Derby nach der Eröffnung der Osttribüne, sei die Autobahn kurz gesperrt worden.

Möglicherweise erübrigt sich das Problem mit der Anreise der Rapid-Fans für diese Saison ohnehin. Die Austria hat beste Chancen auf die Meistergruppe, für Rapid schaut es düster aus. Den Grünen fehlen sechs Punkte auf den rettenden sechsten Platz, dies bei nur vier ausstehenden Runden im Frühjahr. "Wir müssen bestätigen, dass wir einen Platz in der Meisterrunde verdient haben. Und für Rapid ist noch nicht alles verloren. Und den Cup gibt es ja auch noch", sagt Muhr. Man müsse sich nicht sorgen, "es wird noch viele Derbys geben. Dann auch mit dem Support der Auswärtsfans." (Philip Bauer, 18.12.2018)