Wien – Die beiden Generäle von ÖVP und SPÖ resümieren und geben zum Jahresausklang Wünsche ab. So forderte VP-Generalsekretär Karl Nehammer die Oppositionsparteien, insbesondere die SPÖ, auf, zu einem sachlichen Stil zurückzukehren: "Entgleisungen einstellen, hart in der Sache sein, aber wertschätzend miteinander diskutieren", lautet Nehammers Vorschlag.

Zuletzt sei die türkis-blaue Bundesregierung zunehmen mit "massiven Unterstellungen" konfrontiert worden. Da werde die Nazikeule geschwungen, im Nationalrat wiederholt das Wort "Austrofaschismus" rausgebrüllt oder ÖVP-Klubobmann August Wöginger in Handeln und Körpergröße mit dem austrofaschistischen und diktatorisch regierenden ehemaligen Kanzler Engelbert Dollfuß verglichen. Zugleich gebe es "wenig sachliche Kritik und die gleiche Opposition spricht davon, dass wir das Land spalten", kritisierte Nehammer. "Das ist unglaubwürdig, nicht verhältnismäßig und völlig eskalierend."

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda sieht die SPÖ hingegen nicht in Frontal-Opposition, sondern vielmehr um konstruktives Arbeiten im Parlament bemüht. Allerdings biete die türkis-blaue Regierung nicht besonders viel Gelegenheit dafür, kritisiert er. Das gesellschaftliche Klima im Land sei im ersten Jahr der neuen Regierung "kälter geworden", konstatiert er.

"Vernünftig reden"

Doch die SPÖ habe kein Interesse an "Fundamental-Opposition", beteuert Drozda, entsprechende Vorwürfe – die etwa vom burgenländischen SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil kamen – weise er für sich ebenso wie für Rendi-Wagner strikt zurück. "Wir haben bei 35 Prozent aller Gesetze mitgestimmt", auch bei "wesentlichen Materien".

Er selbst sei jemand, "mit dem man immer vernünftig und auf Augenhöhe reden kann", so habe er das in seiner Zeit als Regierungsmitglied ebenfalls gehandhabt. "Dass Bundeskanzler Sebastian Kurz da einen anderen 'Stil' hat, ist evident. Ob das für das Land vorteilhaft ist, lasse ich dahingestellt. Ich glaube es nicht. Man sieht an Gesetzen wie dem 12-Stunden-Tag, dass da geschlampt und geschludert wurde."

Am Regierungsstil kritisiert Drozda vor allem eine Dialogverweigerung, nicht nur mit der Opposition, sondern auch anderen Akteuren. "Es war immer selbstverständlich, dass man, wenn mit Umweltgesetze macht, mit NGOs redet; wenn man Arbeitszeitgesetze macht, mit den Sozialpartner redet. Auf Dauer ist der Ausgleich der Interessen Auftrag der Regierenden."

Asyl vs. Migration

Nehammer ist hingegen, wenig verwunderlich, mit der Bilanz des ersten Regierungsjahres von Türkis-Blau zufrieden. Eine Belastung des Koalitionsklimas durch die bevorstehende EU-Wahl im Mai befürchtet er nicht. Es werde für jede Partei die Freiheit geben, sich entsprechend zu positionieren.

In der Zuwanderungspolitik spricht sich Nehammer, der auch Integrationssprecher seiner Partei ist, für eine strikte Trennung zwischen Asyl und Migration aus. Fast täglich werden derzeit Fälle bekannt, bei denen wegen der oft langjährigen Asylverfahren gesellschaftlich und sprachlich gut integrierte Familien aus Gemeinden und Kinder aus Schulklassen abgeholt und abgeschoben werden. In den betroffenen Gemeinden und Schulklassen herrscht darüber oft völliges Unverständnis. "Für die Menschen, die das Land verlassen müssen, ist das immer tragisch", sagte Nehammer dazu. "Aber sie haben nun mal Asyl beantragt, es wurde geprüft und abgelehnt." (APA, 23.12.2018)