Die heimische Regierung hat während des EU-Ratsvorsitzes zu wenig im Bereich der Asylpolitik getan, kritisiert der österreichische UNHCR-Chef.

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Wien – Migration war zwar einer der Schwerpunkte des auslaufenden österreichischen EU-Ratsvorsitzes, "maßgebliche Beschlüsse" gab es im letzten halben Jahr jedoch nicht, sagte Christoph Pinter, Leiter des Österreich-Büros des UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) im Gespräch mit der APA. Enttäuscht zeigte er sich über fehlende Fortschritte bei der Arbeit an einem gemeinsamen europäischen Asylsystem.

Gerade jetzt, wo die Antragszahlen von Asylwerbern in der gesamten Europäischen Union stark zurückgehen und "wieder Luft da ist", solle man diese Zeit nützen, "um das europäische Asylsystem auf ein neueres und festeres Fundament zu stellen", appellierte Pinter. "Die Zeit verrinnt."

Seit 1999 bemühen sich die EU-Staaten um die Vergemeinschaftung der Asylpolitik. Vorschläge lägen bereits am Tisch, die Verhandlungen seien aber "ins Stocken geraten", was hauptsächlich an der fehlenden Solidarität zwischen den Mitgliedsländern liegt, erklärte Pinter. Die Bundesregierung habe offenbar "keinen Mehrwert" darin gesehen, das Thema gemeinsame Asylpolitik weiter zu verhandeln, weil die Fronten "sehr verhärtet" sind. "Wir sehen, dass die Situation sehr schwierig ist, hätten uns aber doch gewünscht, dass die österreichische Regierung stärker versucht, eine Brückenbauerfunktion einzunehmen", so der Chef des UNHCR-Büros in Österreich.

Keine maßgeblichen Beschlüsse

"Maßgebliche Beschlüsse" in punkto Migration und Asyl seien in den vergangenen sechs Monaten, in denen Österreich die EU-Ratspräsidentschaft innehatte, nicht getroffen worden. "Allerdings ist auch die Frage, ob man immer alles an Beschlüssen messen muss", meinte Pinter relativierend. Insgesamt herrsche in Europa aus Sicht des UNHCR ein "sehr restriktiver Ansatz" beim Thema Asyl und Flüchtlingsschutz. Migration werde immer mehr im negativen Kontext dargestellt. Vonseiten Österreichs, aber auch europaweit, hätte es "mehr positive Ansätze" geben können.

Der UNHCR-Österreich-Chef bekräftigte die langjährige Forderung des UNO-Flüchtlingshilfswerks nach mehr legalen Schutzmöglichkeiten. Es müsse viel mehr in sogenannte Umsiedelungsprogramme (Resettlement), aber auch in Familienzusammenführung, Entwicklungszusammenarbeit (EZA) und humanitäre Hilfe investiert werden. "Hier haben wir europaweit nicht sehr viel Initiative gesehen."

Breite Akzeptanz für Flüchtlingspakt

"Hoffnungsfroh" stimme ihn hingegen die breite Akzeptanz des UNO-Flüchtlingspaktes, gegen den weltweit nur Ungarn und die USA stimmten. Das sei ein "fast globales Bekenntnis, dass Flüchtlingsschutz wichtig ist". Nun gehe es darum, diesen auch in der Praxis umzusetzen.

Zur Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Rumänien merkte Pinter an, dass die Rahmenbedingungen "sicher nicht sehr einfach" seien. Mit Blick auf die EU-Wahl im Mai kommenden Jahres bleibt seiner Ansicht nach "nicht viel Zeit, um Beschlüsse zu fassen oder neue Initiativen zu starten". (APA, 27.12.2018)