Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) beim gemeinsamen Spritzertrinken. Eine SPÖ-FPÖ-Koalition in der Bundeshauptstadt ist aber höchst unwahrscheinlich.

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Wien – Sie tragen dunkelblaue Anzüge und lila Krawatten. In ihren Gesichtern prangt ein breites Lächeln. "Wir sorgen für Ihre Sicherheit", steht auf den aktuellen Plakaten der FPÖ Wien. Abgelichtet sind Vizekanzler Heinz-Christian Strache, Klubchef Johann Gudenus und Dominik Nepp, der nicht amtsführende Vizebürgermeister der Blauen in Wien.

Drei Herren an der Spitze? Noch hat sich die FPÖ nicht entschieden, mit wem an vorderster Front sie in den nächsten Gemeinderatswahlkampf ziehen wird. In der Kronen Zeitung verlautbarte Strache: Es sei nicht sein Ziel, in Wien zu kandidieren. Die Zeichen stehen also auf Nepp oder Gudenus. Ersterer ist weitgehend unbekannt, Letzterer ein Hardliner, der zuletzt vehement Ausgangssperren für Asylwerber forderte.

Die Wien-Wahlen finden plangemäß im Herbst 2020 statt. Warum Strache nicht selbst in den Ring steigt? Umfragen zufolge ist es für die FPÖ aus heutiger Sicht nicht möglich, das Ergebnis von 2015 (31 Prozent) zu toppen, sagt Meinungsforscher Peter Hajek.

Türkiser Kanzlerbonus

Grund für das schlechtere Abschneiden ist das derzeit vorausgesagte Erstarken der ÖVP. 2015 fuhren die Schwarzen in Wien mickrige 9,7 Prozent ein. Nun greift der Kanzlerbonus von Sebastian Kurz. Umfragen zufolge ist eine Verdoppelung der Stimmen möglich, die vor allem aus dem Lager der Blauwähler kommen dürften.

Als Spitzenkandidat ist Kanzleramtsminister Gernot Blümel, ein Vertreter der neuen, türkisen ÖVP, gesetzt. Er ist ein enger Vertrauter von Kurz und kann auf dessen Unterstützung im Wahlkampf zählen. Kritik bringt ihm die Doppelrolle als Minister und ÖVP-Wien-Chef ein. Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck appellierte in der Presse, Blümel müsse sich "für eines" entscheiden.

Wohl keine Mandatsmehrheit für ÖVP und FPÖ

Wahlsieger werden nach derzeitigem Stand aber weder die Blauen noch die Türkisen in Wien. Eine Koalition der beiden – quasi eine Fortschreibung der Regierung auf Bundesebene – gilt als ausgeschlossen. Die beiden dürften die Mandatsmehrheit nicht erreichen.

Damit scheint die SPÖ trotz des Wechsels an der Spitze von Michael Häupl zu Michael Ludwig und damit verbundener innerparteilicher Turbulenzen an der Spitzen zu stehen, selbst wenn sie im Vergleich zum Wahlergebnis 2015 (39,6 Prozent) verliert.

Bund versus Stadt

Lange wurde das Duell um Wien als Zweikampf Strache gegen Langzeitbürgermeister Häupl ausgerufen. Bei der kommenden Wahl geht es vielmehr um die Frage: Bund versus Stadt. Oder: Soll Wien weiterhin von der SPÖ regiert werden? Zumindest die Opposition wird letztere Frage thematisieren. Die SPÖ hat aller Voraussicht nach drei Koalitionsoptionen. Ludwig ist in seinen Präferenzen nicht so klar, wie Häupl es war. Als realistisch gilt die Fortsetzung von Rot-Grün, auch mit einer möglichen Beteiligung der Neos unter Neoparteichef Christoph Wiederkehr, genauso wie eine Koalition mit der ÖVP. Dass Ludwig die Blauen an Bord holt, wird rechnerisch möglich sein, ist aus heutiger Sicht aber äußerst unwahrscheinlich.

Straches Ankündigung, nicht in Wien zu kandidieren, trauen viele nicht. "Strache erinnert schon an Jörg Haider: Bin da, bin wieder weg", wird gewitzelt. Dass es beim Termin 2020 bleibt, liegt sowohl für Rot als auch für Grün auf der Hand. Nach dem Umbau der Parteien müssen die neuen Spitzen erst an Bekanntheit gewinnen. Die ÖVP wiederum will so bald wie möglich wählen und den Aufwind der Nationalratswahl nutzen.

Brösel in der Koalition

Zudem geht es darum, eine lange Liste gemeinsamer Vorhaben abzuarbeiten. Es könnte auch Brösel geben. So wird sich die Stadtregierung im kommenden Jahr mit dem Lobautunnel auseinandersetzen müssen. Die unter dem Naturschutzgebiet geplante Autobahn ist beschlossene Sache. Die Grünen unter der Führung von Birgit Hebein stellen sich trotzdem weiter quer.

Ludwig wird danach trachten, sich keine Schnitzer zu erlauben. Besonderes Augenmerk wird er auf die Errichtung eines seiner Leuchtturmprojekte legen: die neue Multifunktionshalle. Zu unauffällig dürfe er aber auch nicht sein. Meinungsforscher Hajek empfiehlt ihm dringend, "eine eigene Duftmarke zu setzen". Die muss über das Alkoholverbot auf dem Praterstern und das Essverbot in der U-Bahn hinausgehen. Denn diese Maßnahmen allein seien noch kein politischer Wurf. (Oona Kroisleitner, Rosa Winkler-Hermaden, 28.12.2018)