Wien – Der Vizekanzler hat große Erwartungen. "Aus einer Funktionärsmilliarde wird eine Patientenmilliarde", sagte Heinz-Christian Strache bei der Präsentation der Sozialversicherungsreform im alten Jahr, mit der die Gebietskrankenkassen zusammengelegt werden und die Zahl der Versicherungsträger insgesamt von 21 auf fünf sinken wird.

Wie berichtet, machen die unmittelbaren Kosten für die rund 1.000 Funktionäre derzeit freilich keine Milliarde aus, sondern nur knapp 5,7 Millionen Euro pro Jahr. Ins Gewicht fällt die Entschädigung lediglich bei den Spitzenfunktionären, von denen es zuletzt 184 gab. Obleute bekommen aktuell eine Funktionsgebühr von 4.167 Euro pro Monat, die Stellvertreter die Hälfte, bei den Vorstandsmitgliedern im Hauptverband der Sozialversicherung sind es 1.000 Euro. Der große Rest der Funktionäre erhält lediglich ein Sitzungsgeld von 42 Euro. Da die SV-Gremien nur alle ein, zwei Monate tagen, wird man mit dem Sitzungsgeld also nicht reich.

Mit der Kassenreform werden zahlreiche rote gegen schwarze, blaue oder türkise Funktionäre ausgetauscht.
Foto: derStandard/Fatih Aydogdu

Großer Umbau

Im neuen Jahr gilt es nun die türkis-blaue Kassenreform in die Praxis umzusetzen. Die neun Gebietskrankenkassen werden zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zusammengefasst, die Eisenbahner und der öffentliche Dienst kommen ebenso unter ein Dach wie Selbstständige und Bauern. Darübergestülpt wird ein neuer Dachverband. Diese Grafik zeigt die alte und neue Struktur im Vergleich:

Damit die Pläne der Regierung nicht von den bestehenden Funktionären boykottiert werden, müssen bis April sogenannte Überleitungsausschüsse eingerichtet werden. Diese neuen Gremien haben die Zusammenlegungen vorzubereiten. Die Funktionäre würden eigentlich auch nur das erwähnte Sitzungsgeld von gut 42 Euro pro Sitzungstag bekommen.

Wie mehrere SV-Vertreter dem STANDARD berichteten, wurden aber Pläne gewälzt, wonach mittels Verordnung des Sozialministeriums auch die Funktionäre in diesen Überleitungsausschüssen 1.000 Euro pro Monat erhalten sollten. Treibende Kraft soll ÖVP-Klubobmann August Wöginger gewesen sein, der auch Chef des schwarzen Arbeitnehmerflügels ÖAAB ist und dessen Bund mit der Reform zulasten des Wirtschaftsbundes Posten und Einfluss verliert.

Das zuständige Sozialministerium wollte sich zunächst auf Anfrage nicht näher äußern. Nach Veröffentlichung des STANDARD-Artikels ging es dann schnell. Wöginger bestritt in der APA, dass er für eine Erhöhung sei und stellte klar: "Auch wenn es einzelne Funktionäre gerne hätten, werden mit der neuen Struktur der Sozialversicherungen die Gagen und Entschädigungen für Funktionäre sicher nicht erhöht."

Viele neue Jobs

Abgesehen von den Überleitungsausschüssen gibt es noch weitere Posten, die in den nächsten Monaten vergeben werden. Für den neuen Dachverband wird ein Büroleiter sowie ein Stellvertreter gesucht, für die ÖGK ein leitender Angestellter mit drei Stellvertretern. Die bisherigen Gebietskrankenkassen werden zwar formell nurmehr Landesstellen der ÖGK sein, bekommen aber ebenfalls neue Leiter sowie Stellvertreter.

Die SPÖ geht davon aus, dass quer durch alle Träger insgesamt 48 Posten neu besetzt werden und dadurch Kosten von rund sieben Millionen Euro entstehen. Ob diese Rechnung hält, wird aber letztlich auch davon abhängen, wie viele Personen, die jetzt schon in der Sozialversicherung tätig sind, zum Zug kommen.

Namedropping

An der Gerüchtebörse gehandelt werden jedenfalls schon zahlreiche Namen für die Topjobs nach der Reform. Für den Managementposten des leitenden Angestellten in der ÖGK gilt Bernhard Wurzer als Favorit. Der 44-Jährige war früher Stadtrat für die ÖVP in St. Pölten und ist seit 2013 bereits Generaldirektor-Stellvertreter im Hauptverband der Sozialversicherungsträger.

In SV-Kreisen geht man auch davon aus, dass der ein oder andere Freiheitliche aufsteigen wird. Genannt wird etwa der Kabinettschef von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein, Volker Knestel. Er soll sich bereits die Unterlagen für die SV-Dienstprüfung besorgt haben. Im Ministerium heißt es dazu nur: "Er hat eine Aufgabe, die ihn voll in Anspruch nimmt."

Auf Funktionärsebene wird auf FPÖ-Seite Matthias Krenn als möglicher Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse gehandelt. Der 58-Jährige ist Bürgermeister von Bad Kleinkirchheim und sitzt aktuell bereits im Hauptverbandsvorstand. Zudem ist er auch Vizepräsident der Wirtschaftskammer. In dieser Funktion wird ihm nachgesagt, ausgezeichnet mit der ÖVP zu können. (Günther Oswald, 3.1.2019)

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