SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner steht mit ihrer Ansage, jetzt sei nicht die richtige Zeit für Vermögenssteuern, ziemlich allein da.

Foto: APA/Gindl

Die Frage der Erbschafts- und Vermögenssteuer sei "immer aktuell", findet Landeshauptmann Peter Kaiser.

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Vielleicht ist es Glück im Unglück. Die Burgenländer befinden sich allem Anschein nach noch in Festtagsstimmung – und da scheint statt Lust am öffentlich ausgetragenen Konflikt vornehme Zurückhaltung angesagt. Am Donnerstag gab es von den pannonischen Alphamännern, Landeshauptmann Hans Niessl und Landesrat Hans Peter Doskozil, also keine Wortspende zur neuen roten Causa prima – jedenfalls vorerst.

Inhaltlich geht es um ein sozialdemokratisches Kernanliegen: die Forderung nach einer Vermögens- und Erbschaftssteuer. Dabei hat Parteichefin Pamela Rendi-Wagner nur wiederholt, was sie bereits bei ihren Antrittsinterviews genauso formuliert hat: Ein eindeutiges "Ja" zu einer Vermögens- und Erbschaftssteuer wollte ihr schon damals nicht über die Lippen kommen. "So kurz kann man das nicht beantworten", versuchte sie es im ZiB 2-Antrittsinterview auszudrücken. Jetzt, mit etwas mehr als dreimonatiger Verspätung, stellt sie ihrem Argument, in Zeiten der Wirtschaftskonjunktur müsse man zuerst über eine Entlastung der Arbeitnehmer reden, immerhin ein Bekenntnis voran: "Natürlich bin ich für Erbschafts- und Vermögenssteuern" – aber nur, wenn das Thema Steuergerechtigkeit grundsätzlich diskutiert werde. Jetzt sei laut Rendi-Wagner aber nicht "der richtige strategisch-politische Zeitpunkt, um über zusätzliche Steuern zu reden".

"Immer aktuell"

Das sehen nicht alle so. Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser richtete via Kronen Zeitung aus, die Frage der Erbschafts- und Vermögenssteuer sei "immer aktuell". Auch der steirische SPÖ-Chef Michael Schickhofer ließ wissen, dass es im Sinne eines leistungsgerechten Steuersystems "zu jedem Zeitpunkt fair" wäre, über solche Abgaben nachzudenken. Ähnlich die Stoßrichtung der Salzburger: Auch deren Vorsitzender Walter Steidl findet, dass "jeder Zeitpunkt der richtige ist, arbeitsbezogene Steuern zu senken und durch vermögensbezogene zu ersetzen".

Redebedarf hat auch die oberösterreichische SPÖ-Vorsitzende Birgit Gerstorfer: Verteilungsgerechtigkeit sei "immer ein Thema" der Sozialdemokratie, sagt sie zum STANDARD. Und natürlich stehe "die Besteuerung von Vermögen im Zentrum".

Losgetreten hatte die Debatte Eva Maltschnig von der Sektion 8 der SPÖ Alsergrund in einem Gastkommentar im STANDARD. Sie findet, "Pamela Rendi-Wagner hat unrecht" – aus ökonomischen wie auch politischen Gründen.

Die Jungen verstehen die Chefin ebenso wenig: Julia Herr, Vorsitzende der Sozialistischen Jugend, kann mit Rendi-Wagners Aussagen wenig anfangen. Niemand wolle das Thema Vermögenssteuern hintanstellen, wundert sie sich. "Ich verstehe das auch strategisch nicht. Was soll daran sinnvoll sein?", fragt Herr. Die Forderung nach Vermögenssteuern sei eine zentrale für die SPÖ, außerdem habe erst vor wenigen Wochen ein Parteitag entsprechende Anträge abgesegnet.

Tiroler Beistand

Tatsächlich haben die Sozialdemokraten erst im November ein neues Grundsatzprogramm beschlossen. Darin heißt es: "Die eklatanteste Ungleichheit besteht in der Verteilung von Vermögen. Unser Ziel ist eine Vermögensbesteuerung, die diesen Zustand nicht nur entschärft, sondern ihm aktiv entgegenwirkt."

Unterstützung erhält Pamela Rendi-Wagner aus Tirol. Just der nach einer sexistischen Äußerung aus allen Bundesgremien verbannte designierte Landesparteichef Georg Dornauer findet, seine Kollegen sollten "sich informieren und nicht nur die Seite 3 der Kronen Zeitung lesen". Natürlich trete sie für eine große Steuer- und Strukturreform ein. Eine These, die die rote Kommunikationsabteilung auf Anfrage stützt: Die Parteichefin habe in jedem Interview betont, dass "sie selbstverständlich für eine Vermögens- und Erbschaftsteuer ist". Dann das "Aber" – Priorität hat eben anderes: eine rasche Steuerentlastung.

Gibt es nun einen tieferen Sinn dieses offen ausgetragenen roten Richtungsstreits? Politikwissenschafter Peter Filzmaier sieht keinen. Chancen- und Verteilungsgerechtigkeit sei ein zentrales Thema der SPÖ. Insofern sei der Schritt von Rendi-Wagner "verwunderlich". Filzmaier sieht auch ein anderes Problem: "Unabhängig von der Sachfrage ist die SPÖ wieder bei 'ich gegen mich' gelandet." Und bei diesem Spiel gebe es "einen klaren Gewinner: alle Parteien, die nicht SPÖ heißen". (Peter Mayr, Karin Riss, 3.1.2019)

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