Über vier Jahre ist es jetzt her, dass der Po von Kim Kardashian erst ein amerikanisches Magazin und dann das Internet aufregte. Er blieb nicht allein. Eine ganze Armada an prallen prominenten Hinterteilen, die bislang vor allem in Hip-Hop- und Dancehall-Videos twerkten, stolzierte über Hollywoods Teppiche. Das hatte Folgen für das Geschäft mit dem weiblichen Körper. Schönheitschirurgen nahmen nicht mehr nur Bestellungen von Brüsten (einmal Pamela Anderson, bitte) entgegen, jetzt wurden Hinterteile à la Nicki Minaj, Jennifer Lopez oder Amber Rose bestellt.

Bild nicht mehr verfügbar.

Kim Kardashian inszenierte ihre Kurven im letzten Jahr auf der New Yorker Met-Gala in einem Kleid von Versace.
Foto: Evan Agostini/Invision/AP

So weit, so gut, dachte man. Und dass die Aufregung um die aufgepolsterten Hinterteile prominenter Frauen längst abgeklungen sein müsste. Bis vor einigen Tagen Madonna in einem New Yorker Schwulenclub gemeinsam mit ihrem Sohn David Banda die Bühne betrat. Die enge schwarze Hose des Popstars täuschte nicht darüber hinweg, dass der Madonna-Hintern so ganz anders als damals in ihrer "Hung Up"-Phase aussah: prall gerundet nämlich statt klein und sportlich. Seither beschäftigte den Boulevard nur mehr eine Sache: "Was ist mit ihrem Po passiert?"

Madonna 2004 im Video zu "Hung Up".
madonna

Die Aufregung verwundert. Für eine Madonna Louise Ciccone wäre ein solcher Kunstgriff nur konsequent. Als Popstar, der sich immer dem Zeitgeist verpflichtet fühlt, weiß die 60-Jährige: Die Körperschlacht hat sich bei den Frauen in den letzten Jahren von der Brust gen Hintern verschoben, also reagiere ich darauf. Wenn Madonna in den vergangenen Jahrzehnten (wie zum Beispiel 2012 in Istanbul) ihre Brüste entblößte oder mit Jean Paul Gaultiers kegelförmigem BH-Korsett (1990) auftrat, dann wollte sie auch immer provozieren und eine Botschaft loswerden. Das hat sie immer wieder gesagt. 2016 zum Beispiel erklärte Madonna nach ihrem Met-Gala-Auftritt in einem transparenten Kleid von Givenchy in einem Instagram-Posting, dass dieser explizit politisch zu verstehen sei.

Madonna hat öffentliche Auftritte schon immer für "Körperstatements" genutzt. Hier im Mai 2016 anlässlich der Met-Gala in einem ziemlich transparenten Kleid von Givenchy.
Foto: APA/AFP/TIMOTHY A. CLARY

Aber wie reagierte Madonna auf die aktuellen Diskussionen über ihren Po? Sie tat, was man als Popstar im Jahr 2019 eben tut.

Madonnas Reaktion auf Instagram.

Ciccone zeigte der Öffentlichkeit auf Instagram den Mittelfinger: "Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig", Hashtag #nodiscrimination. Recht hat sie. Zeitgeistiger und trotziger hätte diese Botschaft keine 20-Jährige raushauen können. (Anne Feldkamp, 10.1.2019)