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Zum Zupacken gemacht: der Schädel von Basilosaurus isis.
Foto: REUTERS/Mohamed Abd El Ghany

Berlin/Kairo – Hätte sich die menschliche Zivilisation schon vor 35 Millionen Jahren entwickelt, dann hätten Wale in ihr ein etwas anderes Image als heute. Bartenwale existierten damals noch nicht – keine Rede also von den "sanften Riesen" unserer Tage. Einen Riesen gab es unter den damaligen Walarten zwar, doch der war ein Raubtier, das an der Spitze der Nahrungspyramide stand.

Der ungewöhnliche Urwal

Basilosaurus ("Königsechse") trägt seinen Namen, weil man bei der Entdeckung der ersten Fossilien im 19. Jahrhundert noch gedacht hatte, es handle sich um ein Reptil. Erst später wurde er als Wal erkannt, wobei seine Anatomie noch deutlich von der heutiger Arten abwich: Der bis zu 18 Meter lange Körper war vergleichsweise dünn, was Basilosaurus wie eine Mischung aus einem Wal und einer Seeschlange aus der Welt der Sagen aussehen ließ.

Zudem waren seine Hinterbeine noch nicht ganz zurückgebildet. Die etwa 30 Zentimeter langen Stummelbeinchen waren ein Relikt der noch an Land lebenden Urahnen von Basilosaurus. Wale stammen von denselben Vorfahren ab wie die Paarhufer, als ihre engsten noch lebenden Verwandten gelten die Flusspferde.

Die Zähne der ausgegrabenen Basilosaurus-Schädel zeigten aber klar, dass es sich bei ihm anders als bei seinen Huftier-Verwandten um einen Fleischfresser handelte. Ob es sich jedoch um einen Aasfresser oder einen aktiven Jäger handelte und was seine bevorzugte Beute war, blieb lange Zeit Gegenstand von Spekulationen. Ein spektakulärer Gedanke war, dass er andere Wale gefressen haben könnte.

Ein Meeresräuber und seine Beute: die Skelette von Basilosaurus isis (oben) und Dorudon atrox.
Foto: Voss et al.,

Die BBC-Serie "Walking with Beasts" zeigte bereits 2001 einen Basilosaurus bei der Jagd auf den Kleinwal Dorudon. Eine offizielle Bestätigung dafür kam nun von einem Team um die Paläontologin Manja Voss vom Naturkundemuseum Berlin. Die Forscher stellten im Fachmagazin "Plos One" die Ergebnisse der ersten Untersuchung des Mageninhalt eines Basilosaurus vor. Und die lieferte nun den direkten Nachweis, dass der urzeitliche Räuber andere Wale jagte – etwas, das heute nur die halb so großen Orcas tun, die dafür aber im Rudel jagen müssen.

Gegenstand der Untersuchung waren Fossilien der Spezies Basilosaurus isis, die 2010 im ägyptischen Wadi Al-Hitan ausgegraben wurden, einem Wüstengebiet südwestlich von Kairo, das auch "Tal der Wale" genannt wird und auf der Unesco-Welterbeliste steht. Erhalten blieben unter anderem Schädel, Zähne, Wirbel und Rippen. In der Körperhöhle des Skeletts fanden die Forscher verschiedene Überreste, darunter mit Bissspuren versehene Fossilien von Jungtieren kleinerer Wale, die der Basilosaurus bevorzugt gefressen haben dürfte.

Enorme Beißkraft

Voss und ihre Kollegen vermuten, dass die Region, vor 35 Millionen Jahren ein flaches Meer, Aufzuchtgebiet und Kinderstube für die Beutetiere von Basilosaurus isis war – und damit für ihn ein ideales Jagdrevier. Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass Basilosaurus besonders stark zubeißen konnte: Die Kraft seiner Kiefer hätte demnach gereicht, um einen Kleintransporter anzuheben. Daher nehmen die Forscher an, dass der Jäger seine Beute mit kräftigen Bissen in den Kopf tötete.

Die Körpergröße, die lange und kräftige Schnauze sowie die zugespitzten Schneidezähne und scharfen Backenzähne führen die Forscher zum Schluss: Basilosaurus war kein Aasfresser, sondern der Spitzenprädator seines Zeitalters. (jdo, APA, 10. 1. 2019)

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Ausgrabungen im Tal der Wale.
Foto: REUTERS/Aladin Abdel Naby