Politisch vereinnahmt: Minister (Florian Carove) mit den Schwestern (von rechts: Suse Lichtenberger, Julia Urban).

Foto: Andreas Friess

Im Jahr 2015 reichte es einer ungarischen Krankenschwester. Die Arbeitsbedingungen in ihrer Klinik wurden immer schlechter. Mária Sándor wechselte den weißen Schwesternkittel gegen ein schwarzes Outfit und startete einen Protest gegen die Verantwortlichen.

Ausgehend von diesem Aufstand der Schwächsten haben die ungarischen Theatermacher Éva Zabezsinszkij und Árpád Schilling Tag des Zorns entwickelt. Premiere ist am Montag im Wiener Theater Drachengasse (Koproduktion mit Neuebuehnevillach). Erzsébet heißt im Stück die Kämpferin. Ihre Überstunden sind schon lang nicht ausbezahlt worden, auf der Frühgeborenenstation mangelt es am Nötigsten. Sie protestiert.

Als sich der Minister zum Besuch ansagt, erwartet Erzsébet Schelte. Doch der Politiker hebt zu einer weihevollen Rede an und dreht die Perspektive: Die von der Regierung im Stich gelassenen Frauen sind Nationalheldinnen der Arbeit. Schuld an der Misere auf der Station sei die "unmenschliche Gleichgültigkeit Europas" und der vorangegangenen Regierung.

Zwischen Duckmäusertum und sozialem Gewissen

Árpád Schilling, 1974 in Ungarn geboren, begann als Schauspieler, sattelte dann auf Regie um, gründete sein eigenes Ensemble Krétakör. Schließlich verlegte er sich vom Inszenieren aufs Entwickeln von eigenen Stücken. Viktor Orbáns Politik, rechte Radikalisierung und Nationalismus stehen immer wieder in deren Fokus.

Erzsébets Tochter indes will einen Job im Amt des Ministerpräsidenten annehmen: Zeitungsartikel auf Reizwörter wie "NGO" und "Geldflüsse" durchsuchen. Sie findet nichts dabei, will Geld verdienen und ein Stück vom süßen Leben. Schilling zeigt die Zerrissenheit eines Landes zwischen Duckmäusertum, Enttäuschung und sozialem Gewissen. Schauspielerin Mercedes Echerer gibt ihr Regiedebüt. (wurm, 9.1.2019)