In der Gastronomie- und der Tourismusbranche gibt es die meisten offenen Lehrstellen.

Foto: elmar gubisch

Aktuell gibt es in Österreich beim AMS knapp 5.000 offene Lehrstellen. Mit rund 1.400 werden die meisten Lehrlinge in Oberösterreich gesucht, gefolgt von gut 780 offenen Stellen in der Steiermark. Der "war for talents" fürs kommende Lehrjahr hat bereits begonnen. Der Lebensmittelhändler Spar möchte 900 Lehrlinge in 21 Berufen ausbilden, der Möbelriese XXX-Lutz sucht rund 650, und an die 500 Lehrlinge in 22 Berufen werden jährlich bei der ÖBB gesucht.

Unternehmen beklagen aber bereits seit längerem, dass es immer schwieriger wird, geeignete Lehrlinge zu finden. Neben fehlenden Grundkenntnissen der Lehrlinge in Rechnen, Lesen oder Schreiben sei auch das schlechte Image der Lehre ein Grund für die Schwierigkeiten. Große Unternehmen lassen sich daher immer mehr einfallen, um gute Leute zu finden. Spar, der größte privatwirtschaftliche Lehrlingsausbildner, lockt beispielsweise mit Zusatzprämien und einem Gratisführerschein. Die Baumarktkette Hornbach hat die Lehrlingsentschädigung deutlich erhöht. Im ersten Lehrjahr bekommen Lehrlinge 720 Euro. Und für alle Mitarbeiter, die länger als ein Jahr im Unternehmen sind, gibt es dort eine sechste Urlaubswoche.

Mehr Geld

Auch über das Ergebnis der Kollektivvertragsverhandlungen im vergangenen Dezember können sich Lehrlinge im Handel freuen. Durchschnittlich steigen die Lehrlingsentschädigungen um acht Prozent: Im ersten Lehrjahr beträgt die Entschädigung künftig 650 Euro und klettert auf letztlich 1.200 Euro im fünften. Zwar ist es für Betriebe in der Gastronomie- und Tourismusbranche noch schwieriger, Lehrlinge zu finden, aber auch der Einzelhandel ist auf der Liste der zehn Branchen mit den meisten offenen Stellen. Mehr als 460 offene Lehrstellen gibt es insgesamt im allgemeinen und im speziellen Einzelhandel.

"Der Großteil der Lehrlinge wird in kleinen Betrieben ausgebildet", sagt Alfred Freundlinger, stellvertretender Abteilungsleiter Bildungspolitik in der Wirtschaftskammer und in dieser Funktion für die duale Berufsausbildung zuständig. Häufig gibt es nur einen Lehrling im Betrieb. Kleine Betriebe können nicht so großzügige Prämien und Benefits bieten wie die Großen der Branche. "Und wenn diese Betriebe dann keinen Lehrling aufnehmen können, fallen sie auch aus der Statistik der ausbildenden Betriebe heraus", sagt er. Denn auch große Lehrlingsbetriebe können nicht alle Stellen besetzen.

Regionale Unterschiede

Schwieriger als im Einzelhandel ist es für Gastronomie- und Tourismusbetriebe, Lehrlinge zu finden. Laut AMS waren österreichweit Anfang Dezember knapp 570 Lehrstellen für Restaurantfachmann/-frau offen, 518 Stellen gab es für Kochlehrlinge und 213 Stellen für Lehrlinge, die den Beruf Hotel- und Gastgewerbeassistent erlernen möchten. Die Herausforderungen existieren schon länger, sie konzentrieren sich aber hauptsächlich auf den Westen Österreichs, sagt Freundlinger. Es seien aber sehr wohl regionale Unterschiede erkennbar. So werde in ländlichen Gegenden, wo die Lehre grundsätzlich einen höheren Stellenwert als im urbanen Raum genießt, der demografische Wandel zu einer größeren Herausforderung.

Erfreulich sei aber, dass sich laut aktuellen Zahlen der Wirtschaftskammer die Trendwende verstetigt. Die Anzahl der Jugendlichen, die eine Lehre beginnen, ist neuerlich gestiegen, im Vergleich zum Vorjahr um 4,7 Prozent. In absoluten Zahlen von 29.690 auf 31.099 Lehrlinge. Mit Ausnahme von Vorarlberg begannen in allen Bundesländern mehr Jugendliche eine Lehre. Und schon 2017 gab es um 4,1 Prozent mehr Lehranfänger als 2016. Der Anteil der Lehranfänger unter den 15-Jährigen ist von 38,2 Prozent im Jahr 2016 auf 39,3 Prozent im Jahr 2017 angestiegen.

Neue Inhalte

Die duale Ausbildung attraktiver zu gestalten ist auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) ein Anliegen. Dafür sollen weitere neue, digitale Lehrberufe noch heuer starten, und fünf bekannte Lehrberufe sollen von überholten Inhalten befreit und an die aktuellen Möglichkeiten angepasst werden.

Überarbeitet werden die Lehrberufe Gastronomiefachmann/Gastronomiefachfrau, Koch/Köchin, Restaurantfachmann/Restaurantfachfrau, Friseur (Stylist) / Friseurin (Stylistin) und der Lehrberuf Prozesstechnik. Künftig soll mehr Wert auf eigenverantwortliches Arbeiten und Digitalisierung gelegt werden, heißt es in einer Aussendung des Wirtschaftsministeriums. In den überarbeiteten Lehrberufen werden aktuell rund 12.000 Lehrlinge ausgebildet.

Auch die Möglichkeit zur Lehre nach der Matura soll helfen, sie attraktiver zu gestalten. In Deutschland beginnen immerhin knapp 30 Prozent der Maturanten eine Lehre. "In Österreich sind wir hier auf niedrigem Niveau, der Anteil ist aber stark gestiegen," sagt Freundlinger. Der Anteil liege in Österreich nur bei 2,2 Prozent. Für Freundlinger sei ein Grund für das verhaltene Interesse in der praktischen schulischen Ausbildung in Österreich zu finden, die es in der Form in Deutschland nicht gibt. "Aber natürlich wollen wir diese Möglichkeit weiterentwickeln", sagt Freundlinger. (Gudrun Ostermann, 11.1.2019)