Ludwig Scharinger machte aus einer kleinen Raiffeisenkasse ein einflussreiches Bankinstitut. Er fühlte sich auch für die (verstaatlichte) Industrie zuständig.

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Der langjährige Chef der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (RLB OÖ), Ludwig Scharinger, ist am Donnerstag im 77. Lebensjahr gestorben. Scharinger war von 1985 bis 2012 Chef der Raiffeisenlandesbank – und damit so etwas wie ein Landeskaiser. Seine Position als Bankchef machte ihn zu einem der einflussreichsten Führungskräfte Oberösterreichs – vor allem aber auch die Art und Weise, wie er seine Position auszufüllen pflegte.

Scharinger galt als höchst durchsetzungskräftig, Widerworte duldete er nicht. Sofern sie überhaupt gewagt wurden. Das war zuletzt im Rahmen des Strafverfahrens zur Causa Linzer Terminal Tower Thema. Selbst hohe Manager der RLB OÖ sagten dort aus, dass man Scharingers Anweisungen bedenken- und widerspruchslos umgesetzt hat. Oft habe Scharinger gar nichts mehr sagen müssen, man habe seine Wünsche gekannt. In dem zum Buwog-Komplex gehörenden Verfahren wegen Bestechungsvorwurfs war Scharinger Beschuldigter. Aus gesundheitlichen Gründen war er aber verhandlungsunfähig. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Veritable Führungsposition

Auch im dezentral organisierten Raiffeisen-Reich hat sich "Luigi Moneti" , wie er gern genannt wurde, eine veritable Führungsposition erarbeitet. Neben dem langjährigen Raiffeisen-Boss in Wien, Christian Konrad, zählte Scharinger zu den Granden des sogenannten Grünen Riesen. Im Land wurde ihm zu seinen aktiven Zeiten mitunter mehr Macht zugeschrieben als dem Landeshauptmann.

Unter seiner Führung wurde aus der Raiffeisenzentralkasse, in die der damals 30-Jährige eingetreten war, die stärkste österreichische Regionalbank des Sektors, die auch international aktiv war. Die RLB OÖ hatte vor allem auch jede Menge Beteiligungen, was ihren Einfluss noch vergrößerte, manchmal aber auch ihre Probleme. Scharingers Nachfolger Heinrich Schaller hat da inzwischen einiges umgebaut.

Eigentlich sollte der gebürtige Mühlviertler, geboren 1942, den Hof seiner Eltern in Anreit übernehmen, ein Motorradunfall hat diese Pläne aber zunichtegemacht. Scharinger studierte Sozialwirtschaft und ging zu Raiffeisen.

Politikaffinität

Er selbst bezeichnete sich als "gläubigen Menschen", als eingefleischter Raiffeisen-Mann war er natürlich auch begeisterter Jäger, zudem spielte er leidenschaftlich gerne Trompete. Seine Autobiografie nannte der ebenso selbstbewusste wie strenge Manager denn auch Nach meiner Trompete.

In dem 170-seitigen Monolog verwendete der Autor 817-mal das Wort "ich". Der Banker war freilich auch politikaffin. 2006, so schilderte er in dem Buch, sei er nur deswegen nicht Finanzminister geworden, weil seine Frau Anneliese strikt dagegen gewesen sei. Statt Scharinger wurde damals noch einmal Karl-Heinz Grasser Finanzminister. Zu ihm hatte der Banker eine gute Verbindung, noch besser war allerdings die zum gebürtigen Oberösterreicher Jörg Haider. Es wäre freilich nicht Scharinger gewesen, hätte er nicht seine Unabhängigkeit betont: "Ich brauche vor niemandem demütig zu buckeln", heißt es in seinem Buch.

Verhängnisvoller Sturz

Ein Jahr nach seinem Rückzug aus der Landesbank-Chefetage, 2013, erlitt der Vorsitzende der Österreichisch-Russischen Gesellschaft bei einem Sturz bei einem privaten Jagdausflug im sibirischen Jekaterinburg lebensgefährliche Kopfverletzungen. Ganz erholte er sich davon nie, 2014 wurde er von zwei Gutachtern für nicht vernehmungsfähig erklärt. Beim Prozess im Großen Schwurgerichtssaal im Wiener Straflandesgericht gegen insgesamt 15 Angeklagte ist er daher nie aufgetreten. In den Ermittlungen zur Causa hat der ehemalige RLB-OÖ-Chef jede Involvierung in das Bauprojekt am Linzer Bahnhof zurückgewiesen. Provisionen, "hinter denen keine Verdienstlichkeit erkennbar war", habe er stets abgelehnt, sagte er aus.

In seinem Buch hat sich Scharinger auch mit dem Thema Endlichkeit beschäftigt. Abschied und Tod würden leichter fallen, wenn man rechtzeitig losgelassen habe. Und: Man solle sich selbst nicht so wichtig nehmen. (Renate Graber, 10.1.2018)