Experten vermuten, dass Félix Tshisekedi eine Mehrheit zugeschustert wurde, weil er mit dem scheidenden Präsidenten Joseph Kabila eine Vereinbarung traf.

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Namen sind Schall und Rauch – doch für Félix Tshisekedi ist der Name fast alles, was er vorzuweisen hat. Dass der 55-jährige kongolesische Politiker angeblich zum Präsidenten des Riesenstaats im Herzen Afrikas gewählt wurde, hat er neben dem scheidenden Präsidenten Joseph Kabila vor allem seinem Vater Étienne Tshisekedi zu verdanken: dem legendären Oppositionschef, der vor 37 Jahren die Union pour la Démocratie et le Progrès Social (UPDS) gegründet und sowohl dem Diktator Mobutu Sese Seko wie dessen Nachfolgern aus dem Kabila-Clan die Stirn geboten hatte. Obwohl er über enorme Popularität verfügte, blieb Papa Tshisekedi das Präsidentenamt versagt: Er starb vor zwei Jahren in Brüssel, wo sein Leichnam noch immer auf die Rückführung in die Heimat wartet.

Nun darf Félix die Früchte ernten – auch wenn der Vater seinen Filius stets als Leichtgewicht betrachtet hatte. Dass sich der Sohn, der in Brüssel aufwuchs, dort heiratete und Marketing studierte, schließlich doch als Nachfolger seines Papas im Amt des UPDS-Chefs durchsetzen konnte, war nichts anderem als eben dem Namen zu verdanken, sind sich Kongo-Kenner einig: An seinem fehlenden politischen Profil, seinen mangelnden Visionen oder seiner geringen Erfahrung als Oppositionschef kann es jedenfalls nicht gelegen sein. "Ich habe nicht den Ehrgeiz, meinen Vater auszustechen", räumt Félix selbst ein: "Er ist mein Meister. Und seinen Meister sticht man nicht aus."

Möglicher Deal mit Kabila

Schon bei seinem Aufstieg zum UPDS-Chef war es zu heftigen Verwerfungen in der Partei gekommen, die von den jetzt zu erwarteten Unruhen im Land nach seiner angeblichen Wahl zum Präsidenten allerdings in den Schatten gestellt werden könnten. Nach Auffassung vieler Kongolesen wurde dem Kandidaten eine Mehrheit zugeschustert, weil er mit dem scheidenden Präsidenten Joseph Kabila eine Vereinbarung traf. Diese deutete sich schon an, als Tshisekedi dem anderen Oppositionskandidaten Martin Fayulu vor dem Votum die Unterstützung entzog und selbst antrat.

In den vergangenen Tagen soll er Kabila weitere Zugeständnisse gemacht haben, wird in Kinshasa kolportiert: Selbst von einer Koalitionsregierung mit den alten Machthabern ist die Rede. "Wir betrachten Kabila nicht mehr als Gegner, sondern als Partner bei der Reform des Landes", sagte Tshisekedi kurz vor der Bekanntgabe des Wahlresultats: Dafür wird er von zahlreichen Kongolesen nun selbst als Verräter betrachtet. (Johannes Dieterich, 10.1.2019)