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Der Triel (Burhinus oedicnemus) ist ein vom Aussterben bedrohter Vogel. Er brütet dort, wo eine Autobahn gebaut werden soll.

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Ein Federvieh wirbelt bei der geplanten Marchfeldschnellstraße S8 vom Wiener Speckgürtel durchs Marchfeld nach Marchegg ordentlich Staub auf – und beschert der beim zuständigen Verkehrsministerium angesiedelten Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eine ordentliche Verspätung. Denn der auf Schotterbänken brütende, nachtaktive Vogel Triel hält sich bei der Wahl seiner Brutplätze weder an die Grenzen des örtlichen Vogelschutzgebietes bei Markgrafneusiedl noch an die vom Autobahnbauer Asfinag mit dem Land Niederösterreich und den Anrainergemeinden geplante Trassenführung der Durchzugsstraße.

Die Folge: Das Ministerium scheute davor zurück, das UVP-Kapitel "Tiere und ihre Lebensräume" zu schließen. Anfang Dezember wurden nach jahrelangem Verfahren, in dem die Asfinag notwendige Unterlagen teilweise mit erheblichen Verzögerungen beigebracht hatte, wohl heikle Themen wie Verkehr, Lärm, Luftschadstoffe, Klima, Pflanzen, Grundwasser und Geologie geschlossen, über den sandfärbig gefiederten, in Mitteleuropa vom Aussterben bedrohten Vogel nördlich des Wagrams traute man sich aber noch nicht drüber.

Relativierte Stellungnahme

Mit gutem Grund, denn der von der Behörde beigezogene Sachverständige relativierte Mitte 2018 seine Stellungnahme. "Nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf den Brutbestand des Triels im Vogelschutzgebiet sind nicht mehr auszuschließen", heißt es in einer Information des Sachverständigen, die dem STANDARD vorliegt. Dass das neue Brutrevier knapp außerhalb des Vogelschutzgebietes liegt, "spielt keine Rolle, weil auch Auswirkungen von außen auf in Vogelschutzgebieten geschützte Arten relevant ... sind. Erneut zu prüfende Auswirkungen sind besonders Flächenverbrauch und Lärm."

Die Folge: Projektwerber Asfinag müsste beim Bauabschnitt West der S8 wenn nicht zurück an den Start, zumindest aber die für Vogel- und Tierschutz bereitgestellten Ausgleichsflächen genauer definieren und gegebenenfalls vergrößern. Bis dato seien Lage, Eignung und Verfügbarkeit der Flächen nicht transparent genug, argwöhnen Verfahrensparteien wie die Umweltorganisation Virus. "Eigentlich müsste Verkehrsminister Norbert Hofer, der sich als UVP-Behörde seine Asfinag-Projekte selbst bewilligen darf, den Genehmigungsantrag abweisen", ätzt Virus-Sprecher Wolfgang Rehm. Das Europarecht, die sogenannte Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, sei diesbezüglich sehr klar. Auch bei der Untersuchung der Auswirkungen des künftigen Autobahnlärms sei die Behörde der Asfinag zu weit entgegengekommen.

Druck aus St. Pölten

Im Ministerium, das nach sieben Jahren UVP-Vorbereitung inzwischen massiv Druck bekommt seitens des Landes Niederösterreich und der betroffenen Gemeinden, bestreitet man das – und beklagt erhebliche Verzögerungen durch Umwelteinsprüche der Anrainer. Am Zeitplan hält man dennoch fest: Der Sachverständige prüfe derzeit die von der Asfinag vorgelegten Ausgleichsmaßnahmen, danach würden die Gutachten über EU-Artenschutz und EU-Gebietsschutz erörtert, und dann würden die Parteien Gehör erhalten. Den UVP-Bescheid will man im ersten Quartal 2019 erlassen, also bis Ende März. An diesem Ziel wolle Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) festhalten, betonte ein Sprecher des Ministeriums. Man wolle schließlich nicht, dass Marchfeld-Bürgermeister und -Bauern – wie von der Landespolitik bereits angedroht – mit Traktoren zum Ministerium kämen.

Genehmigt ist das seit mehr als zehn Jahren höchst umstrittene Projekt S8 damit noch nicht. Der Wasserrechtsbescheid des Landeshauptmannes ist auch noch ausständig. (Luise Ungerböck, 11.1.2019)