Juba – Die Polizei im Sudan ist erneut mit Tränengas gegen regierungskritische Demonstranten vorgegangen. Mit Rufen wie "Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit" zogen Menschenmengen am Freitag durch die Hauptstadt Khartum und das benachbarte Omdurman, wie Augenzeugen berichteten. Gewerkschaften und Oppositionsgruppen riefen für die kommende Woche zu landesweiten Protesten auf.

Die Proteste hatten im Sudan am 19. Dezember begonnen und richteten sich zunächst gegen eine Erhöhung des Brotpreises. Rasch weiteten sie sich zu Demonstrationen gegen den langjährigen Präsidenten Omar al-Bashir aus, der seit Jahren wegen Völkermordes mit internationalem Haftbefehl gesucht wird.

Der sudanesische Gewerkschaftsverband kündigte eine "Woche des Aufstands" gegen al-Bashir an. "In jedem Dorf und jeder Stadt" werde es Demonstrationen geben. Die Organisatoren fordern den Rücktritt des Präsidenten, der seit rund drei Jahrzehnten an der Macht ist. Am Sonntag ist zum Auftakt eine Großdemonstration in Khartum geplant.

Zahlreiche Tote

Bisher wurden bei den Protesten nach offiziellen Angaben 22 Demonstranten getötet. Menschenrechtsgruppen gehen von mindestens 40 Todesopfern aus. Nach Angaben von Amnesty International stürmten Sicherheitskräfte unter anderem ein Krankenhaus in Omdurman, in dem verletzte Demonstranten ihre Schusswunden behandeln lassen wollten. Soldaten hätten beim Eindringen in die Klinik mit Tränengas und scharfer Munition geschossen, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Donnerstag.

Laut Menschenrechtsaktivisten wurden seit Beginn der Proteste bereits mehr als 1.000 Menschen festgenommen, darunter Oppositionsführer, Aktivisten, Journalisten und Demonstranten.

Wirtschaftliche Krise

Der Sudan liegt wirtschaftlich am Boden. In den vergangenen Monaten stiegen die Preise für viele Lebensmittel in dem afrikanischen Land stark an, aus mehreren Städten wurde über akute Engpässe berichtet. Bereits im Jänner vor einem Jahre gab es dagegen Proteste. Sie waren durch die Festnahme von Oppositionsführern und Aktivisten rasch niedergeschlagen worden.

Al-Bashir und seine Regierung machen die USA für die wirtschaftliche Lage des Landes verantwortlich. Washington hatte 1997 ein Handelsembargo gegen Khartum verhängt, das erst im Oktober 2017 aufgehoben wurde. Kritiker werfen der Regierung vor, die wirtschaftliche Misere durch Missmanagement und große Ausgaben für den Kampf gegen Aufstände von Minderheiten in Darfur und an der Grenze zum Süd-Sudan selbst verschuldet zu haben. (APA, 11.1.2019)