Europa war 2018 wieder Chinas größter Handelspartner.

Foto: China Rechte: APA/AFP/STR

Peking – Das dürfte Donald Trump richtig ärgern. Trotz seiner Strafzölle auf Importe aus der Volksrepublik ist das US-Handelsdefizit mit China 2018 gleich zweistellig angewachsen: Es stieg um 17,2 Prozent auf 323,3 Milliarden Dollar. Noch höher ist das Defizit nach den US-Zollzahlen, die auch China-Importe über Drittländer einberechnen. Die US-Zahlen liegen für 2018 noch nicht vor.

Zollsprecher Li Kuiwen erklärte den Überschuss für Peking mit den "unterschiedlichen Entwicklungsstufen" der beiden Volkswirtschaften und der "komplementären Rolle" der Exporte aus China für die USA. Der Handel mit den USA legte um 8,5 Prozent auf 633,5 Milliarden Dollar zu. Darunter kassierte die Volksrepublik für Exporte 478,4 Milliarden Dollar, ein Zuwachs um 11,3 Prozent. Die USA konnten dagegen bei ihren Exporten nach China nur 155,1 Milliarden Dollar umsetzen, ein Anstieg um 0,7 Prozent.

Einbruch zum Jahresende

Solche Erfolgszahlen für das ganze Jahr 2018 trügen. Denn im vierten Quartal rutschte der Außenhandel erstmals ab, fielen seine Erträge im Einzelmonat Dezember um 4,4 Prozent im Vergleich mit dem Vorjahresmonat. Der Außenhandel steht unter gleichem Abwärtsdruck wie das Wachstum in immer mehr Branchen von Mobiltelefonen, die die Krise um Apple auslösten, bis zum Automarkt, dessen Umsatz im Dezember um mehr als 19 Prozent fiel. Die Weltbörsen reagierten volatil. Die Wachstumsschwäche der chinesischen Volkswirtschaft wirkt sich zusammen mit Trumps Zolldrohungen auf sie aus.

Das finanzpolitische Magazin "Caixin" veröffentlichte Anfang Jänner Prognosen, wonach sich der Zuwachs in Chinas Außenhandel 2019 halbieren wird, falls Trump den Handelskrieg forciert. Takehiko Nakao, Chef der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), warnte in einem am Montag veröffentlichten Interview mit der "South China Moring Post", dass Chinas Wirtschaftswachstum 2019 auf 6,3 Prozent fallen werde. Sollten sich die Strafzölle der USA zum Handelskrieg auswachsen, rechnet er mit einem Fall auf 5,3 Prozent.

Global erster Platz

Zollsprecher Li würdigte die Gesamtzahlen des Handels als Rekordergebnis. Nachgeholfen hätten staatliche Maßnahmen wie Steuererleichterungen und Exportförderungen sowie die stärkere Rolle der Privatwirtschaft. Nach den Zollstatistiken – auf Dollargrundlage berechnet – konnte China seinen Außenhandel um 12,6 Prozent steigern, sagte Li. Es habe 2018 seinen "globalen ersten Platz" behaupten können. Seine weltweiten Exporte nahmen um 9,9 Prozent zu, seine Importe um 15,8 Prozent. Der Überschuss habe sich auf 351,7 Milliarden Dollar summniert. Er lag damit aber um 16,2 Prozent unter dem Vorjahr und war der geringste Überschuss seit fünf Jahren.

Auch Chinas Rekordhandel mit den USA wäre ohne den künstlichen Ausfuhrboom nicht so stark. Exportunternehmen lieferten sich im vergangenen Halbjahr einen Wettlauf, um den angedrohten US-Strafzöllen zuvorzukommen. Zum 1. Jänner 2019 wollten die USA ihre Zölle für China-Importe im Wert von 200 Milliarden Dollar auf 25 Prozent erhöhen. Trump und Präsident Xi Jinping einigten sich erst im Dezember, die Frist um drei Monate bis 1. März auszudehnen. Unklar ist, ob China zu genügend Zugeständnissen bereit ist, um die Verhängung der Strafzölle abzuwenden.

Li ging auf den Handelsstreit und seine Auswirkungen auf den Außenhandel 2019 nicht direkt ein. Er erwähnte nur den Einbruch beim Import von Sojabohnen um 7,9 Prozent auf 88 Millionen Tonnen. Seine größte Sorge seien die "wachsenden Unsicherheiten", die "Protektionismus und Unilateralismus" mit sich brächten. Das könne 2019 Chinas Außenhandel schwächen.

Europa größter Handelspartner

Europa war 2018 wieder Chinas größter Handelspartner, sagte Li. Der Außenhandel erreichte umgerechnet 666 Milliarden Dollar (581 Milliarden Euro) oder 7,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Chinas Exporte nach Europa stiegen um sieben Prozent, seine Importe nahmen um 9,2 Prozent zu. Sein Handelsüberschuss mit Europa machte 116 Milliarden Euro aus. Die höheren Eurostat-Zahlen des EU-Handels mit China liegen für 2018 noch nicht vor. Doch 2017 meldete Eurostat bereits einen Gesamthandel von 570 Milliarden Euro. Das Defizit betrug zugunsten Chinas 176 Milliarden Euro. Europa sei "die größte Herkunftsregion für unsere Importe", sagte Li. China wickle 41,3 Prozent seines Gesamthandels mit seinen drei größten Partnern – Europa, USA und die Asean-Staaten – ab.

Viel größer ist Pekings Abhängigkeit bei der Einfuhr von Energie und von Rohstoffen wie Rohöl und Erdgas bis hin zu Kupfer. 2018 kaufte China als heute größte Ölimportnation der Welt 462 Millionen Tonnen Rohöl, 10,1 Prozent mehr als 2017. Es führte mehr als 90 Millionen Tonnen Erdgas ein, fast 32 Prozent mehr als im Vorjahr, und stieg nach Japan zum zweitgrößten Erdgasverbraucher auf.

Zugleich müsse es für solche Einfuhren viel mehr zahlen, sagte Li. Die Preise für Öl stiegen 2018 um 30 Prozent und für Gas um 20 Prozent, für Kupfer um 22,9 Prozent. Bei den Verhandlungen mit den USA geht es auch darum, wie viel Flüssiggas Peking von Washington kauft. (Johnny Erling aus Peking, 14.1.2019)