In Österreichs Gesundheitspolitik sind Defizite aufgelaufen, was die Früherkennung von häufigen Krebserkrankungen angeht. Die Urologen fordern ein Früherkennungs-Einladungssystem für Männer ab 45 Jahren für Prostatakarzinomerkrankungen. Genetische Untersuchungen bei Verdacht auf erblich bedingte Erkrankungen werden ebenfalls nicht bezahlt, hieß es bei einer Pressekonferenz in Wien.

"Männer ab 45 Jahren sollten informiert werden. (...) Ich bin für eine Einladung. Die Aussagekraft einer Mammografie für Brustkrebs ist ähnlich jener der PSA-Untersuchungen beim Prostatakarzinom. Ich verlange für die Männer die selben Möglichkeiten wie für die Frauen", sagte Michael Eisenmenger, Fachgruppenobmann Urologie der Niederösterreichischen Ärztekammer und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Mann und Gesundheit.

60 Prozent heilbar

Mehr, gezielte und in einem qualitätsgesicherten System organisierte Prostatakrebs-Früherkennung wäre wohl wichtig: 2015 wurde die Diagnose Prostatakrebs bei 4.854 österreichischen Männern gestellt. 1.128 Männer starben an einer solchen Erkrankung. Jeder zehnte Krebstodesfall bei einem Mann war auf ein Prostatakarzinom zurückzuführen. "73 Prozent der Männer wissen, dass es eine Vorsorgeuntersuchung auf das Prostatakarzinom gibt. Aber nur 49 Prozent haben sie bisher auch durchführen lassen", sagte Christoph Klingler, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Urologie.

Derzeit werden erst 60 Prozent der Neudiagnosen auf ein Prostatakarzinom im lokalisierten und somit prinzipiell heilbaren Stadium gestellt. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate liegt zwar mittlerweile bei 92 Prozent, doch je früher Krebs der Vorsteherdrüse festgestellt wird, desto eher ist er heilbar oder – selbst bei einem fortgeschrittenen Stadium – in eine langfristig chronische Erkrankung überführbar.

Früherkennung und darauf möglichst genaue genetische Charakterisierung der Art der Erkrankung wären speziell für betroffene Männer und deren Familien wichtig, wenn es um monogenetisch erblich bedingten oder familiär gehäuft auftretenden (Prostata-)Krebs geht. "Fünf Prozent der Erkrankungen sind erblich bedingt durch monogenetische Veränderungen. 15 Prozent treten familiär gehäuft auf – mit genetischer Ursache, aber hier spielen viele Gene zusammen", sagte Shahrokh Shariat, Vorstand der Universitätsklinik für Urologie im Wiener AKH (MedUni Wien).

Genetische Mutationen

Unter die erste Gruppe fallen Patienten mit Prostatakarzinomen durch Mutationen im BRCA1-, BRCA2-, ATM-, HOXB13-Gen oder mit einem vererbbaren Lynch-Syndrom. Männer mit einer HOXB13-Mutation können ein bis zu 60-prozentiges Risiko für die Entwicklung eines Prostatakarzinoms haben. Ebenso deutlich erhöht ist das bei Vorliegen von Mutationen in den Brustkrebs-Genen (BRCA1 und BRCA2). "Genetische Untersuchungen wären hier für die Patienten für eine zielgerichtete und wirksame individuelle Therapie genauso wichtig wie für ihre Familienangehörigen", sagte der Experte. In diesen Familien kommt es nämlich bei den Frauen oft sehr frühzeitig zum Auftreten sehr aggressiver Mammakarzinome.

Während in den USA diese Untersuchungen in diesem Jahr bereits in die offiziellen Empfehlungen aufgenommen werden und sich damit eine Übernahme der Kosten durch die staatliche US-Gesundheitsversorgung Medicare ankündigt, ist davon in Österreich bisher nichts zu hören. Shariat formulierte das so: "No interest! Das wird von niemanden bezahlt." Unter den entsprechenden Voraussetzungen gebe es für Frauen mit Mamma- oder Ovarialkarzinomen – und somit auch für ihre nächsten Anverwandten – diese Gen-Tests, über die Männer im Fall eines Prostatakarzinoms jedoch nicht. (APA, 14.1.2019)