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Millionen Haushalte in Europa mitten im kalten Winter ohne Strom: Dieses Szenario hätte vergangene Woche beinahe eintreten können. Das zeigt die Stromnetzfrequenz, die letzten Donnerstag gegen 21 Uhr auf 49,8 Hertz abgesunken ist. Für Experten ist das die entscheidende Grenze, ab der Schutzmechanismen in Kraft gesetzt werden – zuletzt vor zwölf Jahren, als in Frankreich zehn Millionen Haushalte präventiv vom Strom genommen wurden. Offenbar konnten dieses Mal Gegenmaßnahmen greifen, sodass es zu keinen großflächigen Ausfällen kam. Laut Experten schrammte Europa aber "knapp an einer Katastrophe" vorbei.

Verantwortlich dafür könnte vor allem der Stromhandel gewesen sein, vermutet der Bundesheer-Major und ausgewiesene Blackout-Spezialist Herbert Saurugg. So gehen Kraftwerke manchmal zu früh vom Netz, während andere sich zu langsam zuschalten. Das Resultat ist eine Unterdeckung. Passiert dann zusätzlich etwas – vergangene Woche etwa ein Kraftwerksausfall in Spanien -, dann trennt das Stromnetz nur mehr wenig von einem umfassenden Blackout, der bei 48 Hertz einsetzt.

Vorsorge wichtig

Da Strom nicht in relevanter Menge gespeichert werden kann, müssen Verbrauchsspitzen ebenso wie zu geringe Stromabnahme ausgeglichen werden. Hier kommt die Netzfrequenz ins Spiel. In Europa fließt Wechselstrom einheitlich mit einer Frequenz von 50 Hertz. Dieser Takt muss genau eingehalten werden. Nimmt die Last plötzlich zu – etwa durch eine Verbrauchsspitze oder durch den Ausfall eines großen Kraftwerks -, dreht der Generator langsamer, die Frequenz sinkt. Die Techniker müssen nun blitzschnell reagieren, da andernfalls der vollständige Zusammenbruch des Stromnetzes droht.

Zwischen 49,8 Hertz und 48 Hertz scheine es noch viel Spielraum zu geben, allerdings "gehe es dann relativ schnell, und zwar nicht linear, sondern exponentiell", sagt Saurugg zum STANDARD. Binnen weniger Sekunden drohe ein Totalausfall.

Vorsorge

Saurugg verweist in diesem Zusammenhang darauf, wie wichtig eine entsprechende Vorsorge sei. Gerade bei einer Wetterlage wie der aktuellen dauere es, bis alle Funktionen wiederhergestellt seien. Deshalb sollten Bürger jedenfalls ausreichend Wasser und Essensvorräte bereithalten. Empfohlen werden etwa Haltbarmilch, Zucker, Gemüse oder Hülsenfrüchte in Dosen sowie Nahrungsmittel, die man mit Kochwasser zubereiten kann – idealerweise besitzt man dann auch einen Gaskocher. Denn ein Blackout betrifft nicht nur akut die Stromversorgung, sondern hat auch längere Auswirkungen. So können etwa Lebensmittel verderben, weil die Kühlkette unterbrochen wird. (sum, fsc, 15.1.2019)

Update 15.1. 16:37:

Laut Angaben des österreichischen Übertragungsnetzbetreibers APG löste "ein Datenfehler an einem Netzregler" im Gebiet der deutschen TenneT, den Störfall aus. Deutschland ist in vier Regelzonen aufgeteilt, die von den Unternehmen 50Hertz, TenneT, Amprion und TransnetBW gemanagt werden. Der Vorfall im Jahr 2006, als ein Riss durch das Netz in Europa gegangen ist, sei wesentlich gravierender gewesen als der jüngste Vorfall vorige Woche. Die Störung vorige Woche habe gezeigt, dass das europäische Schutzsystem nach dem Frequenzabfall gegriffen und die Frequenz sofort wieder in den Normalbetrieb zurückgeführt habe, sagte Klaus Kaschnitz, APG-Betriebsdirektor und einer der APG-Krisenmanager, am Dienstag.