Ein Sechstel der Landfläche unseres Planeten liegt heute in Permafrostregionen, in denen die Böden ganzjährig gefroren sind. Noch – denn die fortschreitende globale Erwärmung lässt den Grund immer tiefer und länger auftauen und setzt damit problematische Prozesse für das Erdklima und die Bewohner dieser Gegenden in Gang. Ein internationales Forscherteam hat nun in einer umfangreichen Vergleichsstudie untersucht, in welchem Ausmaß sich die Permafrostböden der Welt in den vergangenen Jahren bereits erwärmt haben.

Schmelzwasserseen wie hier in der Brookskette in Alaska begünstigen die Erwärmung des Untergrunds.
Foto: Alfred-Wegener-Institut / Josefine Lenz

Wie die Wissenschafter im Fachblatt "Nature Communications" berichten, ist die Bodentemperatur in allen untersuchten Gebieten in mehr als zehn Meter Tiefe zwischen 2007 und 2016 um durchschnittlich 0,3 Grad Celsius gestiegen. In Sibirien fiel die Erwärmung mit fast einem Grad besonders hoch aus. Die Folgen sind nicht nur schwere Schäden an Gebäuden und Straßen durch plötzlich nachgebenden Untergrund: Vor allem die Auswirkungen auf das Klima sind alarmierend.

Konservierte Biomasse

Permafrostböden spielen bei der Regulierung des Erdklimas eine wichtige Rolle: Im eisigen Grund sind einer gigantischen Kühltruhe gleich enorme Mengen an Biomasse konserviert, größtenteils Überreste von Pflanzen. Steigen die Temperaturen, werden Bodenbakterien aktiv und beginnen, das organische Material abzubauen – und setzen dabei erhebliche Mengen an Kohlendioxid und Methan frei, die wiederum zur Erderwärmung beitragen. Erst im vergangenen Herbst warnte ein österreichisches Forscherteam in "Nature Geoscience", dass diese "tiefgekühlten" Emissionen in bisherigen Berechnungen zur Einhaltung der Pariser Klimaziele zu wenig berücksichtigt wurden.

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Wenn der auftauende Boden nachgibt, sind schwere Schäden der Infrastruktur eine unmittelbare Folge.
Foto: AP/Diana Haecker

Jahrelange Datensammlung

Um genauer herauszufinden, wie schnell das Auftauen des Permafrosts vonstattengeht, sammelten Forscher des internationalen Permafrost-Netzwerks über zehn Jahre hinweg Daten aus Bohrlöchern in der Arktis, der Antarktis und in den Hochgebirgen Europas und Zentralasiens. Die Messungen wurden in mindestens zehn Meter Tiefe durchgeführt, um den Einfluss regionaler und saisonaler Temperaturschwankungen auszuschließen.

Das Ergebnis: Bei 71 von 123 Messstellen war im Untersuchungszeitraum eine deutliche Erwärmung festzustellen, in fünf davon taute der Boden sogar vollständig auf. Sinkende Temperaturen wurden hingegen in zwölf Bohrlöchern gemessen, in 40 Fällen gab es keine signifikanten Unterschiede. Am stärksten ist die Entwicklung in der Arktis, berichtet Studien-Erstautor Boris Biskaborn vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Potsdam: "Dort ist in Gebieten mit einem Permafrostanteil von mehr als 90 Prozent die Bodentemperatur innerhalb von zehn Jahren um durchschnittlich 0,39 Grad Celsius gestiegen."

Aufnahme aus dem sibirischen Permafrost in Frühjahr.
Foto: Alfred-Wegener-Institut / Torsten Sachs

Quecksilber und Pathogene

Einzelne Bodenmessstationen in Sibirien verzeichneten gar einen Anstieg um 0,9 Grad, während die Lufttemperatur dort im selben Zeitraum um "nur" 0,61 Grad anstieg. In den Dauerfrostregionen der Alpen und des Himalaja erwärmte sich der Untergrund um 0,19 Grad Celsius. "All diese Daten zeigen uns, dass sich der Permafrost nicht nur lokal und regional erwärmt, sondern weltweit und nahezu im Takt mit der Klimaerwärmung", sagt Guido Grosse, ebenfalls vom AWI und Co-Autor der Studie.

Gasemissionen sind übrigens nicht die einzige Gefahr, die unter den arktischen Böden schlummert: Dort lagern auch große Mengen an Quecksilber, die durch die Erwärmung in den Stoffkreislauf gelangen könnten. In Sibirien kam es 2016 auch zum ersten Anthrax-Ausbruch seit mehr als sieben Jahrzehnten, nachdem die auftauenden Böden uralte Sporen des Milzbranderregers Bacillus anthracis freigegeben hatten. (David Rennert, 17.1.2018)