Keiner der Richter wagte ihm in die Augen zu schauen, als sie das Urteil verkündeten. Der montenegrinische Journalist Jovo Martinović wurde diese Woche zu 18 Monaten Haft verurteilt, Weil er schon lange Zeit in Untersuchungshaft saß, bedeutet dies, dass er noch dreieinhalb Monate ins Gefängnis muss. Das Urteil erfolgte nach einem Prozess, der wegen seiner Ungereimtheiten und rechtlich inkorrekten Vorgangsweise viel Aufsehen erregte. Martinović wusste monatelang nicht einmal genau, was gegen ihn vorgebracht wurde. Er saß bereits ein halbes Jahr in Haft, als er erstmals Akteneinsicht bekam.

Der investigative Journalist, der unter anderem für den Economist und die Financial Times gearbeitet hat, hat in den vergangenen 17 Jahren zur Organisierten Kriminalität – Waffenschieber und Juwelendiebe – aber auch zu Kriegsverbrechen auf dem Balkan recherchiert. Nun übernahmen die Richter einfach die Argumente der Anklageschrift wie in einem "Copy-Paste". Der Vorwurf lautete, dass Martinović mit Kriminellen in Drogengeschäfte verwickelt gewesen sei. Insgesamt sollen laut der Staatsanwaltschaft mehr als ein Dutzend Personen in den Verkauf von einem Kilo Heroin und 20 Kilo Marihuana zwischen August und September 2015 involviert gewesen sein.

Dokumentation über die Pink Panther

Im Oktober Jovo Martinović festgenommen. Er hatte 2014 eine Dokumentation über die "Pink Panther" gemacht, einer Gruppe von Juwelendieben, die in ganz Europa zahlreiche Einbrüche durchführten. Einer dieser "Pink Panter" war Duško Martinović, der wegen der Verbrechen, die er beging, in Frankreich inhaftiert war. Der Kontakt zum Namensvetter Duško Martinović wurde Jovo Martinović zum Verhängnis. Denn Duško Martinović war offenbar im Vorjahr tatsächlich in den Schmuggel und Verkauf von Marihuana involviert. Jovo Martinović wurde vorgeworfen, er habe Duško Martinović die Handy-Applikation "Viber" auf dessen Mobiltelefon installiert, angeblich um diese Drogengeschäfte abzuwickeln.

Jovo Martinović wurde generalisierend vorgeworfen, er habe "sein journalistisches Wissen" genutzt, um diese Handy-Applikation zu installieren. Martinović hat nun Berufung eingelegt. "Ich wurde dafür verurteilt, ein Journalist zu sein", sagte er . In Montenegro nehmen die Attacken auf Journalisten seit Jahren zu. In den letzten Jahren wurden 25 Journalisten tätlich angegriffen. Martinović vermutet, dass er selbst "bestraft" wird, weil er sich verweigert hatte, dem montenegrinischen Geheimdienst seine journalistischen Informationen zur Verfügung zu stellen. Das montenegrinische Rechtssystem ist von parteilichen und persönlichen Interessen unterlaufen, die Politik spielt eine maßgebliche Rolle.

Reporter ohne Grenzen verurteilt Schuldspruch

Reporter ohne Grenzen verurteilte den Schuldspruch gegen Martinović. Die Richter hätten die Beweise für seine Unschuld einfach nicht beachtet. Dies zeige erneut, dass die Medienfreiheit und die Rechtsstaatlichkeit in einem Land, das der EU beitreten wolle, zurückgehe. Auch das Europäische Zentrum für Presse und Medienfreiheit (ECPMF) verurteilte den Schuldspruch. (Adelheid Wölfl, 17.1.2019)